Globale Energiewende: Beunruhigender Lloyd’s Risikoreport 2022 

7. Februar 2022 | Aktuell
Globale Energiewende: Lloyd’s Risikoreport 2022 nennt 3 Szenarien
Globale Energiewende: Der Lloyd’s Risikoreport 2022 zeichnet drei geopolitische Szenarien zur Bewältigung der Klimakrise.

Der in Zusammenarbeit mit dem Cambridge Centre for Risk Studies erstellte Lloyd’s Risikoreport 2022 beschereibt plausible Szenarien, um Versicherer und Risikoeigentümer*innen durch die globale Energiewende zu führen. Untersucht wird, wie die Erde bis zum Ende dieses Jahrzehnts aussehen könnte, abhängig davon, welchen Weg die Grossmächte bei der Verfolgung der Begrenzung einer Erderwärmung um 1.5 bis maximal 2 Grad einschlagen.

In der Studie «Shifting powers: Climate cooperation, chaos or competition?» werden drei geopolitische Szenarien vorgestellt: Eine grüne Globalisierung (Kooperation), eine Klima-Anarchie (Chaos) und ein grüner Kalter Krieg (Wettbewerb). Die strategische Zusammenarbeit von Staaten im Hinblick auf klimabezogene Ziele werden voraussichtlich die globalen politischen Entwicklungen dieses Jahrhunderts beherrschen. Das globale Ziel bleibt immer, so früh wie möglich weltweit null Netto-Emission zu erreichen. 

1. Grüne Globalisierung (Kooperation)

Im ersten Szenario wird der globale Übergang zu sauberen Energieressourcen durch den Konsens der weltweit führenden Politiker*innen vorangetrieben, die die Notwendigkeit konzertierter Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels erkennen. Koordinierte Bemühungen führen zu einer tiefgreifenden und beschleunigten Entkarbonisierung vor dem Hintergrund immer ehrgeizigerer globaler Emissionsreduktions-Ziele.

2. Klima-Anarchie (Chaos)

Die Hauptantriebskräfte hinter diesem Szenario sind das Eigeninteresse und das Misstrauen der einzelnen Staaten. Gleichzeitig kämpfen die Beteiligten darum kämpfen, im erforderlichen Umfang und Tempo zu mobilisieren, um den Klimawandel zu bremsen. Ein langsamer und ungleichmässiger Übergang führt dazu, dass die Übergangsrisiken kurzfristig gering bleiben, aber die ökologischen und wirtschaftlichen Risiken langfristig in die Höhe schnellen. Verglichen mit dem Szenario Grüne Globalisierung ist dieses Szenario näher an einem «Business-as-usual»-Szenario.

3. Grüner Kalter Krieg (Wettbewerb)

Bei einem grünen Kalten Krieg schliessen sich gleichgesinnte Staaten zu «Klimablöcken» zusammenschliessen. Dabei findet zwischen ihnen ein Wettbewerb um Energie, Technologie und Marktbeherrschung statt. Dieser treibt Investitionen und Innovationen voran, erhöht jedoch die langfristigen umwelt- und geopolitischen Risiken erheblich. Länder mit niedrigem Einkommen werden in diesem Szenario abgehängt. Anders als im «chaotischen Übergangszenario», wo Staaten gänzlich von Eigeninteressen und Selbsterhaltung getrieben sind werden Allianzen und langfristige strategische Vorteile über kurzfristige Gewinne gestellt. 

Der Lloyd’s Risikoreport 2022 schätzt den grünen Kalten Krieg als wahrscheinlichstes Szenario ein. Die Analyse signalisiert eine Chance für die Versicherungsbranche, selbst initiativ zu werden. Die 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow 2021 COP26, zeigte eine Verschiebung der Handlungskompetenzen in der Klimakrise von Regierungen und NGOs zu Unternehmen und Privatpersonen. Der Preis dafür ist jedoch eine beträchtliche Zunahme der aktuellen geopolitischen Übergangsrisiken, da der Wettbewerb den Klimawandel vorantreibt und gleichzeitig die geopolitischen Einsätze erheblich erhöht.

Lloyd’s Risikoreport 2022: Worauf Versicherer zu achten haben

Versicherer müssen die Veränderungen sehr genau beobachten. Wenn der Übergang zum Klimawandel an Dynamik gewinnt, gilt es Unternehmen mit innovativen Versicherungslösungen zu unterstützen, die zur Minderung geopolitischer Risiken im Zusammenhang mit der Klimakrise erforderlich sind. Die Studie spricht von erheblichen Überschneidungen zwischen geopolitischen Bewegungen und dem Klimawandel. Doch nur wenige Organisationen oder Modelle überwachen diese Überschneidungen im Risikomanagement aktiv.

Die Klimadiplomatie wird voraussichtlich im laufenden Jahrhundert die globalen politischen Entwicklungen massgeblich prägen. 

Globale Energiewende: Vier Risiko-Klassen für Unternehmen

Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures TCFFD macht ausdrücklich auf vier Risiko-Klassen der Energiewende für Unternehmen aufmerksam: Markt- und Technologierisikenpolitische und rechtliche RisikenReputationsrisiken und physische Risiken. Die TCFD schätzt den Wert dieser Energiewenderisiken auf rund 1,6 Billionen US-Dollar im Zeitraum von 2018 bis 2025. Regulierungs- und Gerichtsverfahren in verschiedenen regionalen Märkten werden die Nachfrage nach Versicherungsschutz in diesen vier Hauptklassen verändern. 

Daher ist zu erwarten, dass verschiedene Regionen – die sogenannten «Leader» und «Laggards» (Nachzügler) – Strafen und Anreize für den Übergang zum Klimawandel in unterschiedlichem Umfang einführen werden. 

Rolle des Versicherers: Innovationen für den geopolitischen Wandel

Wenn Risiken grosse multinationale Unternehmen betreffen, sind sie auch Risiken für die geopolitische Kontinuität. Diese Risiken gelten insbesondere für Energieunternehmen, Lebensmittelverarbeitungsbetriebe und andere grosse Arbeitgeber, deren Stabilität kritisch für die nationale Infrastruktur zwingend nötig. Sie haben daher das Potenzial zu quasi-politischen Akteuren auf der internationalen Bühne zu werden.

Die Shifting-Powers-Studie bekräftigt die Notwendigkeit der Suche nach innovativen Lösungen zur Minderung geopolitischer Risiken im Zusammenhang mit der Klimakrise. Die drei in diesem Bericht beschriebenen Szenarien zeigen auf, wie unsere Welt am Ende des Jahrzehnts aussehen könnte.

Binci Heeb

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