Schweizer Familienbarometer 2024: Finanzielle Situation von Familien spitzt sich zu

14. März 2024 | Aktuell Allgemein Interviews
Schweizer Familienbarometer 2024: Daniel Mutz,Studienverantwortlicher und Leiter Vertrieb & Marketing von Pax.
Schweizer Familienbarometer 2024: Daniel Mutz, Studienverantwortlicher und Leiter Vertrieb & Marketing von Pax.

Das Familienbarometer von Pax und Pro Familia Schweiz bildet die aktuelle Lebenssituation von Schweizer Familien ab. Für die vom Beratungs- und Forschungsunternehmen Empiricon AG erhobenen Daten wurden 2‘123 Familien in der ganzen Schweiz befragt. Die Fragen umfassten unter anderem: «Aktuelle Themen», «Finanzielle Situation», «Finanzielle Absicherung» und «Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenbetreuung».

thebroker spricht mit Daniel Mutz, Studienverantwortlicher und Leiter Vertrieb & Marketing von Pax.

Daniel Mutz, welches Ergebnis des zweiten Schweizer Familienbarometer 2024 hat Sie am meisten erstaunt?

Dass die Hälfte der befragten Familien (49 Prozent) darüber nachdenkt, aus finanziellen Gründen das Arbeitspensum zu erhöhen. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich der zunehmende finanzielle Druck direkt auf das Verhalten der Familien auswirkt. Erstaunt hat es mich zwar nicht, dass je nach Risikoart jeweils bis zu einem Viertel der Familien die eigene Absicherung nicht beurteilen kann. Aber es bestätigt unsere Erfahrungen in der Vorsorgeversicherung deutlich, dass es bei der Vermittlung von Finanzwissen Handlungsbedarf gibt – hier können wir mit den einfachen Vorsorgelösungen von Pax für Familien einen echten Mehrwert bieten.

Inwiefern haben sich die Resultate zum vergangenen Jahr verändert?

Finanzthemen nehmen im Leben der Familien noch mehr Raum ein. Seit der letzten Ausgabe des Familienbarometers haben sich die Ergebnisse in vielen Bereichen nochmal zugespitzt: Der Anteil von Familien, die mit ihrem Einkommen nur knapp oder nicht auskommen liegt höher, die Möglichkeit, Geld zu sparen, hat abgenommen.

Kaum vorstellbar, dass bei mehr als der Hälfte der Schweizer Familien das Einkommen nur noch knapp oder gar nicht reicht. Sind hier ausschliesslich Familien mit tieferem Einkommen gemeint?

Nein, das Resultat bezieht sich auf alle befragten Familien. Natürlich ist das Familienbudget bei tieferen Einkommen tendenziell stärker angespannt. Aber es sind eben nicht nur die tiefen Einkommensklassen, die den finanziellen Druck spüren, sondern gerade auch der Mittelstand.

Sparen scheint demnach ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

Tatsächlich ist der Anteil von Familien, die gar nichts oder nur einen geringfügigen Betrag auf die Seite legen können, seit dem letzten Jahr grösser geworden. Das ist problematisch, nicht nur weil bestimmte Ziele damit unerreichbar bleiben, sondern auch, weil keine Rückstellungen für Unvorhersehbares gebildet werden können.

Gibt es im Schweizer Familienbarometer 2024 auch Positives zu berichten?

Durchaus. Die klare Mehrheit der befragten Familien gibt an, mit ihrem derzeitigen Familienleben zufrieden zu sein. Die Zufriedenheit hat trotz schwierigerem finanziellem Umfeld sogar leicht zugenommen. Und mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind fast zwei Drittel der Familien zufrieden.

Welche Themen stehen für Familien im Vordergrund?

Es sind finanzielle Themen, die Familien in der Schweiz am stärksten beschäftigen. Dazu gehören die Kosten für die Krankenkasse und allgemein steigende Preise sowie Wohnkosten. Gesundheit sowie Schulwesen und Bildungspolitik befinden sich ebenfalls unter den Top-Fünf-Themen.

Welche haben an Relevanz eingebüsst?

Den stärksten Rückgang sehen wir beim Thema Energieversorgung und -sicherheit. Auch die Themen Gesundheit sowie Klimawandel und Umweltschutz beschäftigen Familien dieses Jahr weniger. Und die Coronapandemie spielt für Familien in der Schweiz fast keine Rolle mehr.

Können sich demzufolge nur noch reiche Eltern Kinder leisten?

Insgesamt vier von zehn Familien geben an, dass Kosten mit ein Grund sind, keine weiteren Kinder zu haben. Der Einfluss finanzieller Überlegungen auf die Familienplanung ist bei niedrigen Einkommen zudem grösser. Daraus abzuleiten, dass sich nur noch Besserverdienende Kinder leisten können, geht mir zu weit. Aber es wird deutlich, dass Lebenshaltungskosten die Bevölkerungsentwicklung beeinflussen.

Müssen Familien aus finanziellen Gründen mehr arbeiten?

49 Prozent der befragten Familien sagen, dass mindestens ein Elternteil aktuell darüber nachdenkt, das Arbeitspensum zu erhöhen, um so das Familieneinkommen zu sichern oder zu erhöhen. Aus Sicht der Wirtschaft und der Vorsorge kann eine Erhöhung der Erwerbsquote wünschenswert sein. Aber sie stellt auch zusätzliche Anforderungen an die Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Kinderbetreuung.

Wo ist die finanzielle Lage von Familien am angespanntesten?

In der Westschweiz und im Tessin ist die finanzielle Situation von Familien insgesamt angespannter als in der übrigen Schweiz.

Was sind die Wünsche und Forderungen der Familien an die Familienpolitik?

Die befragten Familien fordern von der Schweizer Familienpolitik primär eine Fokussierung auf die Verbesserung ihrer finanziellen Situation. Dazu gehören die Kostenreduktion bei den Krankenkassenprämien und allgemein die finanzielle Unterstützung von Familien. An dritter Stelle steht für die Familien die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Wie denken Familien über die Stärkung der Altersvorsorge?

Zwar ist für 61 Prozent der Familien mindestens einer der klassischen Hebel zur Stärkung der Altersvorsorge – höhere Beiträge, höheres Rentenalter oder tiefere Leistungen – als Lösungsansatz denkbar. Aber für sich allein genommen ist keine der drei Massnahmen mehrheitsfähig.

Werden Absicherung und Vorsorge aufgrund der Situation vernachlässigt?

Je nach Risiko fühlen sich jeweils zwischen 25 und 43 Prozent der Familien unzureichend abgesichert und weitere 20 bis 25 Prozent können die eigene Absicherung nicht beurteilen. Gleichzeitig sehen wir, dass es vielen Familien schwerfällt, Ersparnisse zu bilden. Es besteht die Gefahr, dass die Absicherung und Vorsorge in den Hintergrund rückt und das ausgerechnet in einem Umfeld, in dem eine zusätzliche finanzielle Belastung durch einen Notfall schwer zu meistern wäre. Dem müssen wir mit einfach verständlichen Lösungen gegensteuern, damit die Familien trotz finanziellen Herausforderungen ausreichend abgesichert sind.

Daniel Mutz ist seit 2013 als Leiter Vertrieb & Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung für die genossenschaftlich verankerte Vorsorgeversicherung Pax tätig. Zuvor hatte er diverse leitende Positionen in der Schweizer Versicherungsbranche inne. Er ist Betriebsökonom FH der Fachhochschule Nordwestschweiz und hält einen MBA mit Schwerpunkt auf strategischer Unternehmensführung der University of Strathclyde in Glasgow.

Lesen Sie auch: Schweizer Familienbarometer: Pax und Pro Familia Schweiz lancieren neues Instrument


Tags: #Aktuelle Lebenssituation #Pax #Pro Familia Schweiz #Schweizer Familienbarometer 2024