Ombudsman Privatversicherer und Suva: Zunahme der Fallzahlen 2023

11. April 2024 | Aktuell Allgemein
Martin Lorenzon, Ombudsman der Privatversicherung und der Suva.
Martin Lorenzon, Ombudsman der Privatversicherung und der Suva.

Medienmitteilung vom Ombudsman der Privatversicherung und der Suva vom 11. April 2024.

Der Versicherungsombudsman, Martin Lorenzon, und sein Team hatten sich im Jahr 2023 mit 3’085 Anliegen und Beschwerden zu befassen. Davon fielen 2’825 in den Zuständigkeitsbereich der Ombudsstelle. Das entspricht einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 4,2 Prozent. Zu einer Intervention beim involvierten Versicherer führten 323 der 1’126 schriftlich unterbreiteten Beschwerdefälle. Die Erfolgsquote der Interventionen betrug rund 65 Prozent, womit in 2 von 3 Interventionsfällen eine Verbesserung der bisherigen Situation der Beschwerdeführenden erreicht werden konnte.

Der Hauptschwerpunkt der Tätigkeit lag wie bisher bei den Personenversicherungen. Gemessen an den Gesamtzahlen macht dieser Bereich nunmehr 51 Prozent aus. Das Überschreiten der 50%-Grenze war unter anderem auf einen markanten Anstieg der Fallzahlen im UVG-Bereich von 561 auf 734 (30,8%) zurückzuführen.

Fallbeispiele

1. Lücke im Freizügigkeitsabkommen unter den Krankentaggeld-Versicherern – Nachteilige Auswirkungen auf Schwangere

In der Krankentaggeld-Branche stellte die Ombudsstelle eine Lücke im Freizügigkeitsabkommen unter den Krankentaggeld-Versicherern fest, die sich für eine Schwangere als nachteilig auswirkte. Eine Versicherte, die nahtlos den Arbeitgeber und damit auch den Kollektiv- Krankentaggeldversicherer gewechselt hatte, wurde während ihrer Anstellung beim neuen Arbeitgeber aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen arbeitsunfähig. Trotz lückenlosem Versicherungsschutz lehnten beide Versicherer Taggeldleistungen ab. Der Versicherer des früheren Arbeitgebers wies zu Recht darauf hin, dass die Versicherte nicht mehr zum versicherten Personenkreis gehörte, als die Arbeitsunfähigkeit eintrat. Der Versicherer des neuen Arbeitgebers verwies in seiner Leistungsablehnung auf eine Klausel in den Vertragsbedingungen, wonach Versicherungsleistungen ausgeschlossen seien, wenn die Schwangerschaft vor dem Inkrafttreten des Arbeitsvertrags, also beim früheren Arbeitgeber, eingetreten ist. Eine solche Benachteiligung von Schwangeren ist schwer nachvollziehbar, weil das Freizügigkeitsabkommen nebst Krankheit explizit auch das Risiko Schwangerschaftskomplikationen abdeckt. Der Ombudsman empfiehlt den Krankentaggeldversicherern daher eine Ergänzung des Freizügigkeitsabkommens, um solche Fälle künftig auszuschliessen.

2. Insektenstiche – Wann handelt es sich um einen Unfall?

Im Bereich der obligatorischen Unfallversicherung gemäss UVG hatte sich die Ombudsstelle wiederkehrend mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen ein Insektenstich als Unfallereignis gilt. So in einem Fall, in welchem eine Versicherte im Schlaf an einem Fuss gestochen wurde. Nachdem dieser angeschwollen war, suchte sie ihren Arzt auf. Dieser hielt in seinem Bericht fest, dass sich die Einstichstelle infiziert habe, und dass er einen Fremdkörper entfernen musste, welcher am ehesten einem Insektenstachel zugeordnet werden könne. Der Unfallversicherer wollte für die Behandlungskosten nicht aufkommen. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass der Unfallhergang nicht nachgewiesen werden könne, da das Insekt nicht bekannt sei.

Der Ombudsman intervenierte beim Versicherer und wies zunächst darauf hin, dass Stiche oder Bisse durch Tiere wie Wespen, Bienen, Hornissen, Spinnen oder Zecken als Unfallereignis gelten, weil sie das Erfordernis der Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper erfüllen und zu Vergiftungen oder Infektionen führen können. Dies im Gegensatz zu Mückenstichen, welche häufig vorkommen und mit denen man allgemein rechnen müsse, sowie bei Stichen von Wanzen, bei denen es sich um blutsaugende Insekten handle, die keinen Stachel verlieren. Im konkreten Fall stelle der Fremdkörper, der vom Arzt entfernt werden musste, auch dann, wenn es sich nicht um einen Stachel gehandelt haben sollte, einen ungewöhnlichen äusseren Faktor dar. Der Unfallversicherer anerkannte diese Argumente und erklärte sich zur Übernahme der Behandlungskosten bereit.

3. Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung für landwirtschaftliche Motofahrzeuge – Vorsicht beim Benutzen von landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen, wenn die Kontrollschilder beim Strassenverkehrsamt hinterlegt sind

Ein Landwirt hatte über die Wintermonate das Kontrollschild für sein landwirtschaftliches Motorfahrzeug beim Strassenverkehrsamt hinterlegt. So wie ihm dürfte vielen Landwirten nicht bekannt sein, dass die Haftpflichtdeckung des landwirtschaftlichen Fahrzeugs auch dann ruht, wenn sie dieses auf dem Hofgelände benützen, wenn dieses öffentlich zugänglich ist.

Konkret verletzte der Bauer den Hund eines Bekannten, als er mit seinem Transporter aus dem Heustall fahren wollte. Der Motorfahrzeug-Versicherer des Landwirts lehnte die Übernahme der Tierarztkosten ab, weil er davon ausging, dass der Unfall auf dem öffentlich zugänglichen Hofgelände stattfand. Die Ombudsstelle konnte im Rahmen ihrer Intervention klarstellen, dass der Schaden noch im Heustall eintrat, worauf der Versicherer die Behandlungskosten des Hundes bezahlte. Die Frage, wo der Unfall eintrat, war deshalb von Relevanz, weil auch private Strassenabschnitte gemäss Art. 1 der Verkehrsregelverordnung (VRV) als öffentliche Strassen gelten, wenn diese nicht ausschliesslich dem privaten Gebrauch dienen. Wenn die Kontrollschilder beim Strassenverkehrsamt deponiert sind, ist es daher nicht zulässig, ein landwirtschaftliches Motorfahrzeug auch nur für ein paar Meter auf der entsprechenden Privatstrasse zu benützen, bevor man diese beispielsweise verlässt, um Arbeiten auf dem Feld auszuführen. Dafür fehlt die erforderliche Haftpflichtdeckung. Die fehlende Kenntnis kann gerade bei grösseren

Haftpflichtschäden schwerwiegende Folgen haben, weshalb der Ombudsman den Versicherungs- Gesellschaften empfiehlt, ihre Versicherten darauf aufmerksam zu machen.

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