Ocumeda: Für eine schnelle und einfache Augenvorsorge

25. September 2023 | Aktuell Allgemein Interviews
Ocumeda-Co-Founder und CEO Benedikt Wiechers.
Ocumeda-Co-Founder und CEO Benedikt Wiechers.

Das telemedizinische Netzwerk aus Augenärztinnen und Augenärzten Ocumeda bietet niederschwellige Augen-Check-ups in Zusammenarbeit mit Optikern und Altenheimen. Das Schweizer Start-up ist seit Kurzem auch bei über 25 Optikern in der Schweiz präsent, unter anderem bei Fielmann. Ocumeda zielt auf Prävention und fördert daher längerfristig die Dämpfung der Gesundheitskosten.

In unserer Reihe von Interviews mit Start-ups, welche vom Future of Health Grant von der CSS und dem EPFL Innovation Park gefördert werden, haben wir bereits die Spiele-App von Neuria und die Plattform Ancora.ai für klinische Studien vorgestellt. Heute spricht thebroker mit Benedikt Wiechers, Co-Founder und CEO vom Start-up Ocumeda.

Welche Gründe waren 2019 ausschlaggebend Ocumeda ins Leben zu rufen?

Ocumeda wurde von zwei Schweizer Augenärzten gegründet, da diese täglich damit konfrontiert waren, dass Menschen regelmässig zu spät einen Augenarzt aufsuchen – und zwar erst dann, wenn Augenkrankheiten bereits weit fortgeschritten sind. Viele Menschen wissen nicht, dass regelmässige Augenvorsorge wichtig ist, insbesondere, da viele Augenkrankheiten lange Zeit asymptomatisch verlaufen. Dabei sind Augenkrankheiten weit verbreitet.

Circa jede zehnte Person leidet unter einer Netzhauterkrankung, wie dem Glaukom, einer diabetischen Retinopathie oder einer altersbedingten Makuladegeneration. Vorsorgeprogramme in anderen Ländern zeigen, dass Augenerkrankungen durch Screenings frühzeitig identifiziert und erfolgreich behandelt werden können. Jedoch übersteigt die Nachfrage nach augenärztlicher Versorgung bereits heute das Angebot. Ocumeda wurde mit dem Ziel gegründet, Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zur Augenvorsorge zu bieten und sie bei Auffälligkeiten unmittelbar an lokale Augenärzte zu vermitteln.

Weshalb sind Sie bei Optikern und Altenheimen zu finden?

Die Zusammenarbeit mit Optikern war für uns eine logische Konsequenz der gewünschten niedrigen Barriere, weil hier ohnehin viele Menschen regelmässig vorstellig werden und beispielsweise einen Sehtest durchführen, um eine neue Brille zu kaufen. Der Augen-Check-up von Ocumeda ist dabei die optimale Ergänzung zum Sehtest. Für die optimale Ausgestaltung unseres Angebots war auch unsere frühzeitige enge Zusammenarbeit mit Fielmann sehr wertvoll. Mittlerweile sind wir mit Fielmann allein in über 70 Standorten präsent. Da über 70 Prozent der Menschen regelmäßig einen Optiker aufsuchen, erreichen wir hier hier unsere Zielgruppe hervorragend.

Mit steigendem Alter erhöht sich die Prävalenz von Augenkrankheiten deutlich. Doch die Mobilität sinkt, und insbesondere für Menschen in Altenheimen ist der Weg zu Augenärzten oder zum Optiker häufig eine grosse Hürde. Unsere Initiative «Augengesundheit 70+» bietet Seniorinnen und Senioren Augen-Check-ups vor Ort in Altersresidenzen. Da die Check-ups mobil vor Ort von unserem Team durchgeführt werden, fällt für sie die Anreise und Logistik für Augenvorsorge weg. Durch die Zusammenarbeit mit der Bayer AG können wir den Augen-Check-up in Altenheimen sogar kostenfrei anbieten.

Ocumeda ist ein Schweizer Start-up. Weshalb haben Sie den Schritt nach Deutschland gewagt und planen Sie auch nach Österreich zu expandieren?

Die Schweiz war der ideale Markt für den Start unserer Dienstleistung. Hier haben wir in der Anfangsphase unter anderem durch das Future of Health Programm der CSS und Venture Kick hervorragende Unterstützung genießen können. Deutschland war der logische nächste Schritt wegen der kulturellen Nähe und insbesondere auch unsere enge Zusammenarbeit mit Fielmann, die klare Marktführer in Deutschland sind. Wir haben präzise internationale Ambitionen. Ob und wann wir nach Österreich expandieren, ist allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht definiert.

An wie vielen Standorten ist Ocumeda bereits in Deutschland vertreten?

Wir wachsen aktuell stark und planen bis Ende des Jahres an über hundert Standorten präsent zu sein.

In der Schweiz sind es 25 Standorte, wie schreitet die hiesige Expansion voran?

In der Schweiz haben wir uns bisher auf den deutschsprachigen Raum fokussiert. Im Verlaufe des Jahres 2024 wollen wir aber in der gesamten Schweiz flächendeckend verfügbar sein und unsere Dienstleistung in Deutsch, Französisch und Italienisch anbieten.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Unser Angebot in Partnerschaft mit Optikern ist ein B2B2C Geschäftsmodell. Wie Partner mit Augenoptikern, die in ihren Standorten medizinische Geräte installieren, die Ihren Kunden Dienstleistung anbieten und die benötigen Messungen durchführen. Die erhobenen Daten werden an Ocumeda zur Beurteilung Dienstleistung durch Augenärzte übermittelt. Wir stellen die digitale Ocumeda Plattform allen Parteien zu Verfügung und übernehmen neben der Beurteilung auch die weitere Kundenbetreuung. Aktuell ist die Augenvorsorge in den meisten Fällen eine Selbstzahlerleistung. Mit der CSS haben wir allerdings die erste Versicherung in der Schweiz gewinnen können, die unser Vorsorgeangebot in ihren Leistungskatalog aufgenommen hat.

Wie funktioniert das von Ocumeda entwickelte gesundheitliche Augen-Check-up?

Unser Angebot setzt auf eine innovative Kooperation von digital angebundenen Augenärzten, lokalen Augenärzten und Augenoptikern zum Vorteil aller Beteiligten. Speziell zertifizierte Optiker bieten ihren Kunden unsere Dienstleistung an. Sie nehmen die benötigten Messungen an Ihren Standorten vor und übermitteln die erhobenen Daten zur Auswertung an Ocumeda. Digital angebundene Augenärzte beurteilen diese Daten und stellen den Patienten einen leicht verständlichen Ergebnisbericht aus. Personen mit verdächtigen Auffälligkeiten am Auge werden zu lokalen Augenärzten verwiesen, um eine zeitnahe augenärztliche Diagnostik und gegebenenfalls Behandlung zu ermöglichen.

Wie gross ist der Aufwand?

Die Messungen am Kunden dauern circa zehn Minuten. Wir sichern anschliessend unseren Kunden zu, dass sie die augenärztliche Beurteilung innerhalb von 72 Stunden erhalten. Diese wird wahlweise entweder digital oder per Post zugestellt.

Was wird getestet?

Der Augen-Check-up zielt auf eine Vielzahl gängiger Augenerkrankungen wie unter anderem das Glaukom, die diabetische Retinopathie oder die altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Diese drei Krankheiten allein sind verantwortlich für 80 Prozent der Erblindungen.

Welche Geräte stellen Sie den Optikern und Altenheimen zur Verfügung?

Im Falle der Optiker installieren wir dauerhaft vor Ort ein Non-Contact-Tonometer und eine non-mydriatische Funduskamera. Im Falle der Altenheime ist unser mobiles Team mit äquivalenten Geräten ausgestattet, die jedoch speziell auf eine mobile Nutzung vor Ort ausgerichtet sind.

Braucht es ausgebildete Mitarbeitende für die Tests?

Selbstverständlich. Die Schulung der Optiker, die die Messungen durchführen, nehmen wir sehr ernst, da wir auf hoch qualitative Daten für unsere Auswertung angewiesen sind. Neben einer persönlichen Einführung und Anleitung der Geräte vor Ort in der Niederlassung, müssen Augenoptiker eine Online-Zertifizierung absolvieren und erhalten darüber hinaus ausführliche Materialien. Unser Partner Fielmann hat mittlerweile ebenso eine Schulung in seinem unternehmensinternen Weiterbildungsportal etabliert. Darüber hinaus steht unser Team in einem intensiven regelmässigen Kontakt mit den Standorten, falls Fragen in der Anwendung aufkommen.

Was wird gemessen?

Bei den Messungen werden Visus und Refraktion sowie der Augeninnendruck mittels eines Non-Contact-Tonometers gemessen. Ausserdem werden Gesundheitsfragen aufgenommen und eine Aufnahme des Augenhintergrundes mittels non-mydriatischer Funduskamera erstellt.

Wer kontrolliert die Resultate?

Die Auswertung der Daten erfolgt je nach Land ausschliesslich durch in Deutschland oder in der Schweiz zugelassene Fachärzte für Augenheilkunde.

Wie verständlich sind die Resultate für getestete Personen?

Unsere Kundinnen und Kunden erhalten je nach Wunsch per Post oder E-Mail eine Beurteilung. Wir arbeiten mit einem Ampelsystem, sodass einfach ersichtlich ist, ob eine Auffälligkeit vorliegt, und geben eine Gesamtbeurteilung ab, die leicht verständlich ist – zum Beispiel ob eine Abklärung mit einem Augenarzt erfolgen sollte. Kunden mit einem roten Bericht, das heisst Personen, die eine verdächtige Auffälligkeit aufweisen, die ärztlich untersucht werden sollte, werden von unserem Team persönlich angerufen und wenn gewünscht an lokale Augenärzte vermittelt. Darüber hinaus enthält der Bericht auch alle Ergebnisse im Detail sowie einen QR-Code mit den Fotos der Netzhaut, sodass die Daten auch von den lokalen Augenärzten einsehbar und zur weiteren Auswertung genutzt werden können.

Wo werden die erhobenen Daten gespeichert?

Die Datenübermittlung und -speicherung erfolgt datenschutzkonform und in unserer verschlüsselten Datencloud.

Welche Unterstützung haben Sie vom FoHG erhalten?

Wir haben uns sehr gefreut, dass wir in der ersten Auflage des Future of Health Grants ausgewählt wurden. Neben der finanziellen Unterstützung war das Programm in mehreren Dimensionen sehr wertvoll für uns. Einmal haben wir guten Zugang zur CSS gewinnen können. Insbesondere werden wir bis Ende des Jahres Teil des CSS Gesundheitskontos und damit erstattungsfähig. Das ist ein wichtiger Meilenstein für uns, damit wir auch einkommensunabhängig möglichst vielen Menschen diese Dienstleistung anbieten können. Daneben waren das Coaching, Mentoring und Vielzahl an hochwertigen Workshops im Rahmen des Programms sehr wertvoll für unsere strategischen Ausrichtung. In Summe kann ich den FoHG jedem MedTech-Startup nur wärmstens empfehlen!

Wie kann die Ocumeda-Lösung dazu beitragen, die Gesundheitskosten zu senken?

Die Augenarztverbände betonen seit Jahren die Notwendigkeit konsequenter Augenvorsorge, um Sehverlust und Blindheit zu vermeiden. Wie erwähnt sind drei Krankheiten in Deutschland verantwortlich für 80 Prozent der Erblindungen: Das Glaukom (Grüner Star), die Altersabhängige Makuladegeneration und die Diabetische Retinopathie. Gemeinsam ist allen drei Augenerkrankungen, dass Augenärzte sie schon früh diagnostizieren können und dass wirksame Therapien in vielen Fällen zur Verfügung stehen, noch ehe das Sehvermögen nachlässt. Voraussetzung ist jedoch, dass die angebotenen Augenvorsorge konsequent genutzt werden.

Bereits über 12.000 Menschen haben den Ocumeda Augen-Check-up gemacht. Aktuell weisen circa 20 Prozent unserer Kunden eine verdächtige Auffälligkeit am Auge auf, das heisst sie erhalten einen gelben oder in einigen Fällen auch roten Bericht. Durch die rechtzeitige ärztliche Untersuchung und gegebenenfalls weitere Behandlung können hohe Folgekosten in der Zukunft vermieden werden. Die langfristigen Einsparungen durch Augenvorsorge wurden in einer Vielzahl von Studien bereits klar belegt.

Die Vita von Benedikt Wiecherts finden Sie hier.

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