Gewalt in Südafrika: Versicherungs-Ansprüche häufen sich

9. August 2021 | Aktuell
In der südafrikanischen Küstenstadt Durban kam es wegen Plünderungen in der Nacht vom 11. Juli zu massiven Zusammenstössen mit der Polizei.

Die Regenbogennation Südafrika des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela erlebt seit der Inhaftierung eines seiner Nachfolger, des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma, die schwersten Unruhen seit dem Ende der Apartheid. Ein aktuelles Beispiel für die Wichtigkeit einer Absicherung vor politischen und wirtschaftlichen Risiken.

Die schwersten Unruhen in Südafrika seit dem Ende der Apartheid wurden durch die Inhaftierung von Jacob Zuma wegen Korruption und Erpressung am 7. Juli dieses Jahres ausgelöst. Die Protestierenden zerstörten Lagerhallen, Distributionszentren und Lastwägen, wichtige Handelsrouten wurden unterbrochen wurden, wie GTR (Globe Trade Review) schreibt. Der staatliche Versicherer South African Special Risk Insurance Association Sasria muss sich nun auf eine Reihe von Forderungen aus der Wirtschaft gefasst machen. 

Häfen, die Autobahn und eine Bahnlinie betroffen

Die in Afrika zu den geschäftigsten Häfen gehörenden Richards Bay und Durban in KwaZulu-Natal, die zu den wichtigsten in ganz Afrika gehören, wurden durch die Gewalt massiv geschädigt. Eine Autobahn zwischen KwaZulu-Natal und Gauteng, die besonders von Lkw-Fahrer*innen stark genutzt wird, wurde geschlossen. Auch auf der Bahnlinie Natcor (Natal-Korridor), die die beiden Provinzen verbindet und den grössten Teil der südafrikanischen Fracht transportiert, wurde zu Gewalt aufgerufen.

Durch diese Ausfälle kommt es nun zu Kraftstoff- und Lebensmittelknappheit sowie zu verbleibenden Strassensperrungen in der Nähe des Hafens von Durban. Dies schränkte die Lieferkette weiter ein, da Lkws nicht mehr zu den Ladeplätzen ein- und ausfahren können. Obwohl daran gearbeitet wird, den Dienst auf der unterbrochenen Natcor-Linie wieder aufzunehmen, kommt es zu Verzögerungen, denn entlang der Bahnstrecke sind weiterhin Überfälle und Plünderungen an der Tagesordnung sind.

Ölraffinerie und Rohstoffkrise berufen sich auf höhere Gewalt

Sapref, die grösste Ölraffinerie des Landes und ein Joint Venture zwischen BP und Shell, berief sich auf höhere Gewalt (Force Majeure). Auch der Rohstoffriese Glencore warnte seine Kundschaft bereits in einer Mitteilung am 14. Juli einem möglichen Einsatz der Begründung der höheren Gewalt aufgrund der Unruhen. «Nur der Bezug auf höhere Gewalt in Verträgen ermöglicht es den Mitarbeitenden ihre Arbeitsplätze ohne Strafe zu verlassen. Um sich auf die Force Majeure beziehen zu können, sollte man jedoch einige Zeit damit warten, da es bedeutet, dass Wettbewerber*innen ihr Geschäft übernehmen könnten» sagt Rupert Cutler, Inhaber von der «Special Risk and Insurance Consultancy Holtarka», die auf Export- und Projektbereich spezialisierte Risiko-Versicherungsberatung aus London. 

Auswirkungen auf Versicherungen

Aufgrund der Verlangsamung des BIP sieht sich die Sasria, die Privatpersonen und Unternehmen mit Vermögenswerten in Südafrika versichert, zur Bewältigung der vielen Schäden mit schwierigen Aufgaben konfrontiert. Der 1979 gegründete Versicherer assekuriert zivile und öffentliche Unruhen, Streiks, Aufruhr und Terrorismus. In einer Erklärung von Sasria vom 16. Juli heisst es, dass das Unternehmen in seiner Geschichte noch nie Unruhen, Gewalt und Plünderungen in dieser Grössenordnung erlebt habe. Durch Corona- und Unwetter ohnehin schwer geprüfte Rückversicherungen dürften sich, genauso wie gewisse direkt betroffene Vertreter*innen der Branche, mit nicht unbeträchtlichen Forderungen aufgrund der Situation in Südafrika konfrontiert sehen.  

Gemäss Cutler wird Sasria viele von den Unruhen betroffene Unternehmen entschädigen. Mittlerweile wurde mit der Bearbeitung von Schadensfällen begonnen. Weil es noch immer zu unsicher sei, um einige der «Hotspots» zu besuchen, werde die Prüfung – insbesondere bei grösseren Schäden – viel Zeit in Anspruch nehmen. «Momentan kennen wir den vollen Wert der Sasria-Schäden aufgrund der Unruhen noch nicht, da die meisten Schäden nicht gemeldet wurden oder noch noch von den Schadensachverständigen untersucht werden», so Cutler. Man gehe davon aus, dass sich in zwei Monaten ein klareres Bild zeigen werde.

Zuletzt verursachen auch bei Just-in-Time-Lieferungen über den Hafen von Durban vorübergehende Unterbrüche Liegekosten. Solche Liegegelder werden fällig, wenn die Eigentümerschaft eines Schiffes innerhalb eines bestimmten Zeitraums keine Ladung laden oder entladen kann und im Hafen bleiben muss. Schiffe, die in Durban nicht anlegen können, fahren zum nächsten Umschlagplatz. Solche Abweichungen führen zu weiteren, kostenintensiven Verzögerungen und beeinträchtigen die Lieferkette. Um einen Anspruch geltend machen zu können, wäre in diesem Fall eine Lieferketten Versicherungspolice erforderlich, die einen Betriebsunterbruch ohne physische Zerstörung beinhaltet.

Politolog*innen und Wirtschaftsfachleute sind sich einig. Die Missstände in Südafrika sind hausgemacht. Verantwortlich ist die inzwischen längst korrupte Führungsriege der seit 25 Jahren an der Macht stehenden Regierungspartei African National Congress ANC. Zwar wurde endlich die menschenverachtende Apartheid abgeschafft, der Unterschied zwischen Arm und Reich ist geblieben, während sich die Clique an der Spitze unverschämt die Taschen füllt. Ein neuer Nelson Mandela ist nicht in Sicht. Unruhen und Gewalt werden zunehmen und damit auch die enormen wirtschaftlichen Probleme dieses wichtigen und wunderschönen Landes im Süden Afrikas.   

Binci Heeb

Lesen Sie auch: Absicherung politischer und wirtschaftlicher Risiken


Tags: #Absicherung politischer und wirtschaftlicher Risiken #ANC #Holtarka #Sapref #Sasria #Südafrika #Unruhen in Südafrika