Elektronisches Patientendossier: Wie steht es heute damit?

26. September 2022 | Aktuell Allgemein
Elektronisches Patientendossier: Wie steht es damit?
Elektronisches Patientendossier: Wie steht es damit?

Am 15. August 2018 fiel in Basel-Stadt der Startschuss für das Elektronische Patientendossiers EPD Deutschschweiz. Im Mai 2019 war bereits wieder Schluss. Wie sieht es heute damit aus?

Das neue Elektronische Patientendossier hiess myEPD und ermöglichte nicht nur Patient*innen, ihre Daten digital abzulegen und zu verwalten, die Informationen standen auch Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung. Damit sollte ein qualitativ besserer, sicherer und effizienter Behandlungsprozess ermöglicht werden. Die Patient*innen behielten jederzeit das Recht selber zu bestimmen, wer auf das Dossier Zugriff haben durfte. Zudem konnten allein sie entscheiden, welche Informationen preisgegeben und welche verborgen blieben. Die Eröffnung des Dossiers war sowohl freiwillig wie kostenlos.

Basel-Stadt mit Vorreiterrolle

Der Bundesrat setzte am 22. März 2017 das Bundesgesetz über das Elektronische Patientendossier EPD in Kraft. Alle Gesundheitseinrichtungen, welche über die obligatorische Krankenversicherung OPK abrechneten, waren verpflichtet, sich bis spätestens April 2022 an eine Stammgemeinschaft anzuschliessen.

Dabei nahm das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt GD BS bei der Einführung des EPD bereits seit 2011 eine Vorreiterrolle in der Deutschschweiz ein. Der Trägerverein eHealth Nordwestschweiz  hat die Aktivitäten des GD BS weitergeführt und auf die Kantone Basel-Landschaft und Solothurn ausgeweitet.

Das zur Verfügung stehende Budget der Gesamtkosten für die Einführung 2017 bis 2020 betrugen geschätzt fünf Millionen Franken. Der Bund hatte für den Betrieb dabei die maximal mögliche Subvention von zwei Millionen Franken bewilligt. Die EPD-Plattform wurde mit Swisscom Health, einer hundert-prozentigen Tochter der Swisscom entwickelt.

Nutzen von Elektronischen Patientendossiers

Das EPD soll nicht nur die Effizienz, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung steigern, sondern auch unnötige Untersuchungen und Behandlungen helfen zu vermeiden. Für Arztpraxen oder Apotheken besteht keine Pflicht, sich am EPD zu beteiligen. Etwa 50 Prozent aller niedergelassenen Ärzte dokumentieren noch immer auf Papier. Die Digitalisierung wird aber auch dort angestrebt.

Welche Informationen werden gespeichert?

Dokumente mit medizinischen Inhalten, wie zum Beispiel Austrittsberichte des letzten Spitalaufenthalts, Impfausweis, Organspendeausweis, Patientenverfügung, Medikamentenübersicht oder Rezept für die Brille, konnten in myEPD hochgeladen werden. Bei medizinischen Notfällen, wenn der Patient bewusstlos oder nicht ansprechbar ist, können Gesundheitsfachpersonen ohne vorgängig zugeteiltem Zugriffsrecht auf das elektronische Patientendossier zugreifen.

Im derzeit wieder ausgesetzten Basler Modell wurde jeder myEPD-Inhaber über sämtliche Notfallzugriffe sofort automatisch benachrichtigt. Ein jeder Notfallzugriff konnte auf Wunsch der Patienten grundsätzlich ausgeschlossen werden. Damals bestand noch keine Möglichkeit Röntgenbilder in das System hochgeladen werden. Die Verantwortlichen dachten, dass in einem Jahr den Ärzten auch diese Informationen zur Verfügung stehen würden. Dem war leider nicht ganz so.

Aktueller Stand der Zertifizierung (August 2022)

Seit Mai 2021 haben sieben Stammgemeinschaften die Zertifizierung bestanden: eHealth Aargau (emedo), Südost (eSANITA), CARA, Mon Dossier Santé, Associazione e-Health Ticino, XADStammgemeinschaft und Abilis. eHealth Aargau, CARA und Südost bieten das EPD der ganzen Bevölkerung in ihren Kantonen an. In der XAD-Stammgemeinschaft ist eine EPD-Eröffnung bisher nur am Hauptsitz in Zürich, sowie in drei Eröffnungsstellen im Kanton Bern möglich. Mon Dossier Santé konzentriert sich derzeit auf ein Projekt zur koordinierten Versorgung von Diabetespatienten, die im Kanton Neuenburg wohnen.

Abilis bietet neun Eröffnungsstellen in allen drei Sprachregionen an. Eine Öffnung für die ganze Bevölkerung ist in naher Zukunft vorgesehen, ein genauer Zeitpunkt aber ist noch nicht bekannt. Bei den zertifizierten Identifikationsmitteln sind bisher fünf EPD-konforme Angebote auf dem Markt: Für die Bevölkerung und die Gesundheitsfachpersonen derzeit Elca mit den Produkten «TrustID». Ebenfalls SwissSign mit «SwissID».

Auf dem Übersichtsportal der EPD-Anbieter wird sofort ersichtlich, welche (Stamm-) Gemeinschaften bereits zertifiziert sind und wo diese mit dem Betrieb bereits stehen, aber auch welche (Stamm-)Gemeinschaften sich noch auf dem Weg zur Zertifizierung befinden. Sobald die offizielle Zertifizierung erfolgt ist, kann mit der Einführung des EPD bei den ihr angeschlossenen Gesundheitsfachpersonen und -institutionen, sowie der Bevölkerung im Einzugsgebiet begonnen werden. Dabei darf eine Stammgemeinschaft sofort mit dem flächendeckenden Regelbetrieb starten, oder die Prozesse schrittweise erproben und optimieren.

Elektronisches Patientendossier entwickelt sich ständig weiter

Das EPD wird anfänglich vor allem mit Unterlagen im PDF-Format bestückt. Bald lassen sich auch interaktive Formate einbinden. Beispielsweise haben Ärzt*innen und Apotheker*innen eine Übersicht über die aktuellen Medikationen ihrer Patient*innen und können diese direkt im EPD anpassen. Dank diesem neuen Informationsfluss soll der grösste Teil von Behandlungen schneller, meist besser und effizienter als bisher werden.

Nach der Einstellung des durch Regierungsrat Lukas Engelberger vorgestellten Pilotversuchs in Basel-Stadt hat sich der Halbkanton der Firma Axsana AG angeschlossen. Ein teurer Spass, kostete der Basler Alleingang für gerade einmal 100 Dossiers doch stolze 2,95 Millionen Franken.

Binci Heeb

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Tags: #Elektronisches Patientendossier #EPD