Covid-19-Pandemie: Schweizer Bevölkerung stirbt früher als in anderen reichen Ländern

21. Oktober 2022 | Aktuell Allgemein
Covid-19-Pandemie: Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung sinkt.
Covid-19-Pandemie: Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung sinkt.

Laut Bundesamt für Statistik sank im von der Coronapandemie geprägten Jahr 2020 die Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung. Bei Geburt sank sie gegenüber dem Vorjahr bei den Männern um 0,9 auf 81,0 Jahre und bei den Frauen um 0,5 auf 85,1 Jahre. Somit ist die Lebenserwartung in der Schweiz wieder auf dem Niveau von 2015.

Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren sank aufgrund der Pandemie stark

Ursache für den Rückgang waren in erster Linie pandemiebedingte Todesfälle. In ihrer Folge sank die Lebenserwartung schweizweit um 0,7 Jahre bei Männern und um 0,5 Jahre bei Frauen. Noch nie wurde bei den Männern in so kurzer Zeit ein so starker Rückgang verzeichnet. Gemäss Unisanté, dem Universitätszentrum für Allgemeinmedizin und öffentliche Gesundheit in Lausanne, zeigte Anfang 2021 eine Auswertung auf Basis provisorischer Daten des Bundesamtes für Statistik BFS, dass die Zahl der Sterbefälle in der Schweiz im Jahr 2020 um 11 Prozent höher war als erwartet.

Die Medien folgerten, dass die Sterblichkeit im Jahr 2020 als Folge der Covid-19-Pandemie ein Niveau erreichte, das so seit hundert Jahren nicht mehr gesehen wurde. Unisanté kommt in einer Studie zu anderen Schlussfolgerungen: Die Sterblichkeit entspreche lediglich der von 2014 und 2015. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und der Alterung der Schweizer Bevölkerung stieg die Sterblichkeit im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 8.8 Prozent.

2020 hebt sich in verschiedener Hinsicht ab, insbesondere durch eine Rekordzahl an Todesfällen (76 195 gegenüber 67 780 im Jahr 2019), so das Bundesamt für Statistik. Ein so hoher Wert wurde seit Beginn der systematischen Erfassung der Todesfälle durch die Zivilstandesämter ab 1876 noch nie registriert.

In welchen Kantonen ist die Lebenserwartung am höchsten?

2020 haben die Frauen in Appenzell-Innerrhoden mit 87,3 Jahren und in den Innerschweizer Kantonen Zug und Uri mit je 86,2 Jahren die höchste Lebenserwartung. Bei den Männern liegen die Kantone Nidwalden mit 83,7, Zug mit 82,9 und Basel-Landschaft mit 82,3 Jahren vorn. Zum deutlichsten Rückgang der Lebenserwartung bei Geburt zwischen 2019 und 2020 kam es bei den Frauen in den Kantonen Jura mit -1,8, Genf mit -1,5 und Schwyz mit 1,4. Bei den Männern ging die Lebenserwartung bei Geburt in den Kantonen Obwalden mit -2,5 Jahren sowie Tessin und Genf mit je -2,3 zurück.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Pandemien von 1918 und 2020

Vergleicht man die Sterblichkeit in der Schweiz während der Spanischen Grippe und der Coronapandemie, zeigen sich grosse Unterschiede. Im Zuge der Spanischen Grippe im Jahr 1918 wurden deutlich mehr Todesfälle registriert als 2020 infolge der Covid-19-Pandemie. Die Spanische Grippe verantwortete 1918 nahezu 22 000 Todesfälle. Dies entspricht 5,6 Todesfällen pro 1000 Personen. An Covid-19 hingegen starben im Jahr 2020 gemäss Bundesamt für Gesundheit BAG 7600 Personen, bzw. weniger als eine Person pro 1000 Personen. Während an der Spanischen Grippe 1918 hauptsächlich Frauen und Männer zwischen 20 und 40 Jahren starben, waren es bei Covid-19 vor allem Personen über 80 Jahre. Zwischen 1917 und 1918 ging die Lebenserwartung der Männer bei Geburt um 10,1 Jahre und jene der Frauen um 8,4 Jahre zurück, eine deutlich stärkere Abnahme als zwischen 2019 und 2020.

Die Pandemien von 1918 und 2020 weisen jedoch auch einige frappante Ähnlichkeiten auf. Sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen fielen den Pandemien mehr Männer zum Opfer als Frauen. Die zweite Ansteckungswelle fand 1918 und 2020 in den gleichen Monaten statt und die Spitze der Todesfälle lag in beiden Pandemien etwa im November. In beiden Fällen wies die Westschweiz insgesamt höhere Sterberaten auf als jene im Osten. Schliesslich erreichte die Zahl der jährlichen Todesfälle für alle Todesursachen zusammengenommen sowohl 1918 als auch 2020 einen Höchstwert.

Der Monat Oktober ist noch nicht vorüber und schon wird überlegt, welche Vorkehrungen Bund und Kantone treffen müssen, um der steigenden Coronazahlen und der bevorstehenden saisonalen Grippe Herr zu werden. Impfen, Masken, zeitweiliges Homeoffice? thebroker wird über die verschiedenen, zum Teil äusserst unterschiedlichen Vorschläge, jeweils aktuell informieren.  

Binci Heeb

Lesen Sie auch: Die Pandemie in Zahlen bis heute: Infos aus Gesundheit, Kultur und Kriminalität


Tags: #Bundesamt für Statistik #Coronapandemie #Covid-19 #Lebenserwartung