AHV: Wofür steht das «V»?

3. März 2023 | Aktuell Allgemein
AHV: Wofür steht das «V»?Mitglieder des SGB entrollen ein Transparent zur AHV-Plus-Initiative auf dem Muensterplatz in Bern. Bild: Yoshiko Kusano auf flickr.com.
AHV: Wofür steht das «V»? Mitglieder des SGB entrollen ein Transparent zur AHV-Plus-Initiative auf dem Muensterplatz in Bern. Bild: Yoshiko Kusano auf flickr.com.

Die AHV ist der bedeutendste Pfeiler der Alters- und Hinterlassenenvorsorge in der Schweiz. Man beachte, die offizielle Webseite der staatlichen Institution spricht selbst immer öfter von Vorsorge und vermeidet so nur zu gerne beim «V» die einzig offizielle Bezeichnung: «Versicherung». 

In diesen Tagen streiten sich Bundes-, National- und Ständerat über eine allfällige und, wie gerade die momentanen Ereignisse zeigen, dringend notwendige jährliche Teuerungsanpassung bei der AHV-Rente. Bisher ist dies nur alle 24 Monate der Fall. Die massiv wachsenden Kosten von 21/22 überstiegen für den Verbraucher deutlich und übersteigen die offiziellen Zahlen, welche für die Verhältnisse in unserm Land vom Bundesamt für Statistik publizierten, wurden. Man nennt dies die gefühlte Teuerung. 

Am 25. September 2022 hat die schweizer Bevölkerung die Stabilisierung der AHV (AHV 21) angenommen. Die Reform beinhaltet eine Änderung des AHV-Gesetzes und den Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Sie tritt 2024 in Kraft und beinhaltet unter anderem Massnahmen zur AHV-Finanzierung über die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Anhebung des Rentenalters für Frauen auf 65. Ein Wort zur allfälligen Leistungsverbesserung der AHV-Bezüger findet sich in der gesamten Reform mit keinem Wort. Die vom Volk beschlossenen Massnahmen bringen den Betroffenen durch die erwähnten Änderungen sogar eine spürbare Verschlechterung.

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Rentner*innen, die ausschliesslich auf die AHV angewiesen sind bei denen das Pensionskassenobligatorium mit seinen Leistungen erst spät greift aufgrund ihres frühen Berufseintritts und/oder das Berufseintrittsgesetz nicht verfügbar war, können selbst wenn keine AHV-Zahlungslücken während ihrer beruflichen Tätigkeit bestanden, von der gesetzlichen Rente alleine nicht leben. «Die AHV ist» nach eigener und staatlicher Definition «der bedeutendste Pfeiler der sozialen Vorsorge… Sie soll den wegen Alter und Tod zurückgehenden oder wegfallenden Arbeitsverdienst zumindest teilweise ersetzen.»

Das tut sie nicht. Natürlich gestatten die inzwischen obligatorische 2. Säule und die freiwillige Säule 3a/b gewisse steuerliche Abzugsmöglichkeiten, doch sind solche in der Realität erst ab einem gewissen früheren Einkommen tatsächlich von echter Bedeutung. Über respektable Einkommen verfügen Menschen, die alleine auf die erste Säule, sprich auf die AHV, angewiesen sind in der überwiegenden Regel nie.

Trick gegen Heiratsstrafe: Sich kurz vor Erreichen des Rentenalters  scheiden lassen

Wehe, die AHV-Rentner*innen sind verheiratet. Sind zwei Personen ein Ehepaar oder leben in einer eingetragenen Partnerschaft, bekommen sie heute beim Erreichen des Rentenalters gemeinsam nur höchstens 150 Prozent der AHV-Maximalrente. Selbst wenn beide immer lückenlos bezahlt haben. Das Einzige, was da hilft, ist die Scheidung und sollte die Partnerschaft noch so glücklich sein. 

Das entspricht in der Tat dem Gesetz, aber darf doch wohl nicht wahr sein. Gleich mehrere politische und private Organisationen wehren sich gegen diese weder erklärbaren, noch nachvollziehbaren Bestimmungen. Leider dauern diese Vorstösse, bis zu einer allfälligen Behebung der krassen Ungerechtigkeit, noch Jahre. Es betrifft, selbst vor Kurzem widerwillig bewilligte Vernehmlassungen mit fragwürdigem Ausgang, welche für den Gesetzgeber ohnehin nicht bindend sind. Und noch einmal: die AHV ist eine Versicherung.

Doch welche, rein private Vorsorge- oder Lebensversicherung erlaubt sich, ihre Leistung trotz vollständig beglichener Prämie ab der Höhe eines gewissen, nicht übertriebenen Einkommens, einfach selber einzustreichen? Die AHV kennt da keinerlei Skrupel. Auch wenn sie peinlich versucht, sich selbst als etwas anderes zu vermitteln: Denn das «V» in ihrem Namen steht, von Volk und Gesetz in Stein gemeisselt, nicht für Vorsorge, sondern für Versicherung.

Ein Kommentar von Binci Heeb

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