Versicherungsbroker-Forum 2023: «Die Kostentransparenz ist ein massiver regulatorischer Eingriff»

16. Juni 2023 | Aktuell Allgemein
Versicherungsbroker-Forum 2023 der Finanz und Wirtschaft: Die zahlreichen Versicherungsbroker*innen vernracjtem einen interessanten Tag im Gottlieb Duttweiler-Institut in Rüschlikon.

Versicherungsbroker-Forum 2023 der Finanz und Wirtschaft: Die zahlreichen Versicherungsbroker*innen verbrachten einen interessanten Tag im Gottlieb Duttweiler-Institut in Rüschlikon.

Neben dem Podium zum neuen Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gab es am Versicherungsbroker-Forum 2023 der Finanz und Wirtschaft etliche weitere spannende Programmpunkte. So erfuhr man die Sicht von HSG-Professor Dr. Hato Schmeiser zum Thema «Kostentransparenz». Das wichtige Thema «AI in der Versicherungsbranche» kam ebenso zur Sprache wie die «Aktuellen Trends in der Versicherungsvermittlung».

Prof. Dr. Hato Schmeiser von der HSG setzte sich mit dem Thema «Neue Kostentransparenzvorschriften in der Versicherungsberatung» auseinander. Er stellte fest, dass enorm viel reguliert werde, gerade was die Broker*innen und die gebundene Vermittlung angehe. In anderen Ländern gäbe es Begrenzungen, beispielsweise bei der Vergütungshöhe oder dass bestimmte Beratungsmodelle verpflichtend vorgeschrieben sind. Letzteres trifft auf die Niederlanden zu und gleiches gilt für die Lebensversicherungen im Vereinigten Königreich.

Die Idee der Kostentransparenz sei, dass der Kunde Einblick in die Kostenstruktur erhalte, wo die Vermittlungskosten besonders im Fokus stünden. Im internationalen Markt seien die Broker*innen noch stärker im Fokus als die gebundenen Vermittler*innen. Auch in der Schweiz müsse der Brokermarkt die Courtagen der zweiten Säule ausweisen.

«Die Kostentransparenz ist ein massiver regulatorischer Eingriff», so die Sorge von Schmeiser. Man stelle sich vor, dass im Vergleich zu anderen Industrien eine*n Vermittler*in, Berater*in oder Verkäufer*in eine Offenlegungspflicht hätte. Eine rationale Entscheidung brauche diese Kostenaufschlüsselung nicht, sondern es gehe um das Gesamtpaket und darum, ob man an anderer Stelle etwas Besseres erhalte. Prof. Schmeiser fände es interessant zu testen, ob sich ausgewiesene Kosten nicht als trügerisch erweisen könnten, indem man ein Produkt kaufe, das gar nicht passt.

AI in der Versicherungsbranche

Afke Schouten von Xebia war viele Jahre in der Versicherungsbranche tätig und gab einen kurzen Impuls zum Thema künstliche Intelligenz. Bisher musste man beim Besuch des Versicherungsberaters zu Hause die eigenen Informationen mit Kugelschreiber ausfüllen. Und dann kam ChatGPT. Dieser Chatbot sei für die künstliche Intelligenz der Durchbruch, so wie das iPhone für die Smartphones. ChatGPT könne eigentlich nichts anderes, als das nächste Wort vorherzusagen.

Afke Schouten: «ChatGPT ist für die künstliche Intelligenz der Durchbruch, so wie das iPhone für die Smartphones». Sie arbeitet für die Beratungsfirma Xebia und lehrt zudem an der HWZ zum Thema Artificial Intelligence.

Plötzlich könnten alle mit der Künstlichen Intelligenz (KI) interagieren. Gerade deshalb sei ihre Einführung in die Arbeitsprozesse unvermeidbar. Auch Afke Schouten nutzte ChatGPT für die Vorbereitung ihrer Präsentation. Der KI-Chatbot sei ein Produkt von OpenAI, einem Forschungsinstitut, welches unter anderem von Sam Altman und Elon Musk gegründet wurde. Seit Kurzem halte Microsoft 49 Prozent an der Firma. Die dritte Iteration von ChatGPT habe rund 75 Milliarden Parameter. Die nächste Version, GBT4, besitze bereits eine Billion Parameter.

Der KI-Chatbot könne vieles: beispielsweise übersetzen, zusammenfassen, aber auch Codes schreiben. Weil er nur auf Internet-Quellen trainiert werde, könne es auch zu falschen Antworten kommen. OpenAI habe Programmierschnittstellen, sogenannte API2, integriert. ChatGPT könne beispielsweise Meetingprotokolle von Versicherern zusammenfassen und eine Aktualisierung der Hausratversicherung inklusive Prämienrechnung erstellen.

Zu guten und richtigen Ergebnissen führe die Verwendung von Prompts. Indem man die richtigen Fragen stelle, käme man zu richtigen Ergebnissen. thebroker hat darüber bereits einen Artikel verfasst. Aber wie wird KI am besten verwendet? Es gäbe zwei Optionen: Mit Option eins unterbinde man die Verwendung von ChatGPT, wie zum Beispiel bei den Banken. Mit Option zwei könne KI auch begrüsst, unsere Arbeit transformiert und an die veränderten Zeiten angepasst werden. Der Impuls der Rednerin lautet: Ja, lasst uns AI akzeptieren und nutzen.


Aktuelle Trends in der Versicherungsvermittlung

Über die aktuellen Trends in der Versicherungsvermittlung sprach Prof. Dr. Florian Schreiber, IFZ, dessen Doktorvater Prof. Dr. Hato Schmeiser war. Er fragt, welche Themen die Brokerindustrie gegenwärtig umtreiben/beschäftigen würden? Das erste Thema sei eine wachsende und überkomplexe Risikolandschaft. Als Beispiel nannte er die Corona-Pandemie mit den Betriebsunterbrechungen. Der Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine habe gezeigt, dass Probleme mit der Energie oder die Strommangellage wichtig wurden. Nicht zuletzt sei auch das Thema Cyberrisiko aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung zum Problem geworden.

Auch die Kundenansprüche hätten sich verändert. Junge Kund*innen zum Beispiel bevorzugten mobile Lösungen und erledigten gewisse Dinge hybrid. Dem müssten die Versicherer gerecht werden. Die Niedrigzinsphase der letzten Jahre mit viel Geld im Markt habe sich gekehrt und es finde eine Konsolidierung in der Brokerlandschaft statt, die noch immer voranschreite. Es brauche eine kritische Grösse, um Investitionen auf mehr Köpfe und Geschäfte zu verteilen und um eine Verhandlungsmacht gegenüber den grossen Versicherungsunternehmen einnehmen zu können.

Das Thema Nachhaltigkeit sei ein äusserst relevantes Thema und man sehe, dass dieses auf der Seite der Versicherer weiter vorangeschritten sei als andere. In diesem Bereich könnten die Broker einen bedeutenden Mehrwert für die Kunden und Versicherer beitragen. Als sehr wichtig nannte er zudem die verschärften Regulierungen.

Die letzte IFZ-Versicherungs-Studie 2021 zeige, dass im Segment «Retail» der Punkt «Leben» dominiere. Im Bereich Schaden zeige sich, dass die Generalagentur vorne liege. Aber auch hier seien die Broker*innen mit einer sehr prominenten Rolle vertreten. Im Bereich Krankheit/Unfall sehe es schwieriger aus. Dort habe der Direktvertrieb die höchste Bedeutung und die Broker seien etwas abgeschlagen im Mittelfeld.

Für den dritten und letzten Beitrag des Versicherungsbroker-Forums 2023 wird thebroker ein Interview mit dem Zukunftsforscher Georges T. Roos führen, der am Forum über «Für die Zukunft vorsorgen – fünf Transformationen» gesprochen hat.

Binci Heeb

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