Tiefzinsen: Lohnt eine Lebensversicherung heute überhaupt noch?

26. Oktober 2020 | Aktuell
©bh

Der Klassiker unter den Sparmöglichkeiten, die Lebensversicherung, hat aufgrund der tiefen Zinsen viel von seiner Attraktivität eingebüsst. Hohen Kosten stehen geringere Renditen gegenüber.

Normalerweise handelt es sich bei der Kapitalversicherung oder einer fondsgebundenen Lebensversicherung um eine lebenslange Rente oder eine Einmalzahlung nach Ablauf des Vertrags. Es betrifft also eher eine Rente als eine Lebensversicherung. Die Versicherer zahlen einen Garantiezins und beteiligen die Versicherungsnehmer über die Überschussbeteiligung an ihren erwirtschafteten Gewinnen. Schwierig wird es, wenn wie jetzt aufgrund der Zinsflaute, es kaum noch gelingt, attraktive Renditen zu erzielen.

Der Vorsorgemarkt in der Schweiz verändert sich seit 2015 mit der negativen Zinsentwicklung stark. Durch die anhaltende Tiefzinsphase sind die Lebensversicherer weiter herausgefordert. In Deutschland bietet die Allianz ab 2021 keine hundertprozentige Garantie mehr für eingezahlte Beträge. In der Schweiz werden bereits seit längerem kaum mehr 100 Prozent Garantien angeboten. «Die Allianz Suisse hat ihre Produktepalette ebenfalls auf Garantien zwischen 50 bis 90 Prozent angepasst», sagt Bernd de Wall, Senior Spokesman bei Allianz Suisse.

An der Vollversicherung für die berufliche Vorsorge hält die Allianz Suisse fest. Diese wird von den KMU, welche die Risiken nicht selbst tragen möchten, stark nachgefragt.

AXA Schweiz bieten im aktiven Verkauf keine rein konventionellen oder indexgebundenen Produkte mehr an, bei welchen die Rendite hauptsächlich auf einer garantierten Verzinsung beruht. «AXA Schweiz hat mit dem Vorsorgeplan SmartFlex vor einem Jahr eine hybride Sparversicherung lanciert, welche zwar immer noch eine konventionelle Komponente enthält (mit garantiertem Zins), aber zwingend auch eine fondsgebundene Komponente enthält», sagt Lukas Kienast, Individual Life / Head Product Management bei AXA Schweiz.

Ein vorzeitiger Ausstieg aus der Lebensversicherung ist jedoch immer ein grosses Verlustgeschäft. Falls das Geld knapp sein sollte, kann es sinnvoll sein den Vertrag beitragsfrei zu stellen und einzufrieren. Aber auch diese Möglichkeit ist nicht gratis.

Typen von Lebensversicherungen

Risikolebensversicherung im Todesfall: Wenn der Versicherte während der Laufzeit der Versicherung verstirbt, wird die Versicherung eine bestimmte finanzielle Leistung an die Begünstigten entrichten. Im Prinzip schützt die Versicherung die Nachkommen. Geschäftspartner, Darlehensgeber oder andere im Interesse stehende Personen können in der Säule 3b frei begünstigt werden.

Risikoversicherung bei Erwerbsunfähigkeit: Wenn jemand bei der Arbeit krankheitshalber ausfällt oder einen schweren Unfall erleidet, reichen die üblichen Leistungen von AHV, beruflicher Vorsorge oder UVG meist bei längerer Krankheit nicht mehr aus, um den Verdienstausfall finanziell abzudecken. Heute können solche Policen selbständig oder in Ergänzung zu einer Hauptversicherung (gemischt oder fondsgebunden) abgeschlossen werden.

Lebensversicherung in der 3. Säule: Eine Lebensversicherung kann entweder als reine Risikoversicherung für den Fall von Tod und/oder Invalidität oder kombiniert als Spar- und Todesfallversicherung (gemischte Lebensversicherung) abgeschlossen werden. Versichert wird ein Kapital, welches im Todesfall bzw. bei einer gemischten Versicherung auch bei Ablauf der Versicherung ausbezahlt wird. Zusätzlich lässt sich eine Rente bei Erwerbsunfähigkeit mitversichern. Beide Produkte können als gebundene Vorsorge (Säule 3a) oder freie Vorsorge (Säule 3b) abgeschlossen werden. 

Fondsgebundene Lebensversicherung: Wenn eine gemischte Lebensversicherung abgeschlossen wird, kann auch gewählt werden, ob das Kapital durch Investition in Investmentfonds angelegt werden soll. Der Investmentfonds ist eine Anlageform mit der bestimmte Vorteile, allerdings auch Risiken verbunden sind. Das heisst: Es gibt höhere Renditechancen, aber auch Risiken aufgrund des möglichen Wertverlusts einer solchen Anlage.

Vollversicherungen werden in der Schweiz zwar noch angeboten, aber mit schlechten Konditionen. Der technische Zinssatz gemäss Finma liegt bei 0,25 Prozent. Sie bringt null Rendite, aber Sicherheit. Am häufigsten anzutreffen sind die gemischten Lebensversicherungen für die dritte Säule. Sie kombinieren das Sparen für die Altersvorsorge und die Risikoabsicherung gegenüber Tod oder Invalidität, somit den Schutz für die Hinterbliebenen.

Die gemischte Lebensversicherung ist zum Geld sparen jedoch kein Thema mehr, zudem bietet sie meist zu wenig Flexibilität. Interessant sind solche Produkte für Wohneigentümer allenfalls in Kombination mit einer indirekten Amortisation der Hypothek. Sie bedeuten hohe Sicherheit für den Hypothekargläubiger und ist für den Versicherungsnehmer eine Möglichkeit, Steuern zu sparen. 

Broker empfehlen, dass sich Interessierte vor einem Abschlussentscheid für eine Lebensversicherung – ob 3a oder 3b – mit Fachpersonen austauschen. Es gibt unter Umständen doch verschiedene Punkte zu berücksichtigen. Ob die klassische, kapitalbildende Lebensversicherung ein Auslaufmodell ist, wird sich (bereits bald) zeigen.

Binci Heeb


Tags: #Lebensversicherung