santésuisse fordert wirksame Reformen, damit die Prämien in Zukunft weniger stark steigen

26. September 2023 | Aktuell Allgemein
santésuisse fordert wirksame Reformen, damit die Prämien in Zukunft weniger stark steigen: Prämien folgen den Kosten.
santésuisse fordert wirksame Reformen, damit die Prämien in Zukunft weniger stark steigen: Prämien folgen den Kosten.

Medienmitteilung von santésuisse vom 26. September 2023.

Die Rechnung ist einfach: Höhere Kosten führen zu höheren Prämien. Die Kosten für Medikamente, Pflege, Psycho- und Physiotherapie sind 2023 besonders stark angestiegen. Deshalb ist für 2024 eine Prämienerhöhung von durchschnittlich 8.7 Prozent nötig. Jetzt sind Sofortmassnahmen unabdingbar, beispielsweise die Senkung der Labortarife und der Medikamentenpreise auf das Niveau des europäischen Auslands sowie die vermehrte Abgabe von Generika. Damit liessen sich weit über eine Milliarde Franken einsparen. Mittel- und langfristig sind in der Versorgungsplanung durch die Kantone bei den Spitälern sowie den Ärztinnen und Ärzten deutliche Verbesserungen notwendig.

Im ersten Halbjahr 2023 stiegen die Gesundheitskosten pro Kopf um 6,4 Prozent. Dabei war der Medikamentenbereich der grösste Kostentreiber. Knapp ein Viertel der gesamten Kosten der Grundversicherung entfallen heute auf Medikamente. Insbesondere neue, teure Medikamente fallen dabei ins Gewicht. Zudem sind Generika in der Schweiz im Durchschnitt noch immer doppelt so teuer wie im europäischen Ausland. Darüber hinaus ist der Generikaanteil nach wie vor vergleichsweise klein. Letzten Freitag hat der Bundesrat endlich gehandelt und senkt die Preise für Generika. Das ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber weitere müssen folgen. Viel zu hoch sind auch die Preise für Laboranalysen. Hier kostet dieselbe Leistung in der Schweiz mehr als doppelt so viel wie im europäischen Ausland.

Auch in der Pflege sind die Kosten im laufenden Jahr überproportional gestiegen. Dabei nahmen mit einem Plus von 6 Prozent insbesondere die Kosten bei der Pflege zu Hause (zum Beispiel bei der Spitex) stark zu. Ein starkes Kostenwachstum verzeichnete zudem die psychologische Psychotherapie. Der Grund dafür ist, dass die psychologischen Psychotherapeuten seit dem 1. Juli 2022 selbständig und mit höheren Tarifen abrechnen dürfen. Auch in der Physiotherapie sowie bei stationären Aufenthalten in Rehabilitationskliniken gab es einen weiteren Kostenschub.

santésuisse fordert Sofortmassnahmen

Es braucht grundlegende Reformen, um die Kostenentwicklung zu bremsen. Gleichzeitig sind auch Sofortmassnahmen unerlässlich. Folgende könnten sofort umgesetzt werden:

  • Weitere Senkung der Labortarife um 10-15 Prozent, Einsparung 100 – 150 Mio. Franken
  • Reduktion der Vertriebsmargen bei Medikamenten, Einsparung 300 Mio. Franken
  • Senkung der Generikapreise, Einsparung 300 Mio. Franken
  • Erhöhung des Generikaanteils. Einsparung 150 Mio. Franken
  • Festlegung klarer Effizienzkriterien für die Spitaltarife: Einsparung 200 Mio. Franken.

Das kurzfristige Einsparpotential dieser und weiterer Sofortmassnahmen beläuft sich auf weit über eine Milliarde Franken. Das entspricht drei bis vier Prämienprozenten.

santésuisse fordert einen sofortigen Ausbaustopp beim Leistungskatalog

Das Parlament hätte Hebel in der Hand, um Kosten zu sparen, ohne die gute Qualität unseres Gesundheitswesens zu beeinträchtigen.

  • Seit Jahren wird der Leistungskatalog in der Grundversicherung immer weiter ausgebaut. Beispiele sind die Kostenübernahme bei Pflegematerialien oder neue Kompetenzen für die Pflegenden, Psychologinnen und Psychologen sowie die Apotheken. Hier braucht es einen dringenden Marschhalt.
  • Auch laufende Reformvorhaben sind dringend auf ihre Kostenwirkung zu überprüfen. Würden beispielsweise die Pflegekosten in die Reform für eine einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Behandlungen (EFAS) integriert, wäre ein weiterer Kostenschub von 5 Milliarden Franken für die Prämienzahlenden unvermeidbar.
  • Zudem sollen unwirksame Leistungen nicht mehr vergütet werden: Wenn ein wissenschaftliches Verfahren (HTA) zeigt, dass eine Therapie keinen oder einen ungenügenden Nutzen bringt, gehört diese aus dem Leistungskatalog gestrichen. Alleine die bereits durchgeführten HTA würden zu einer Einsparung von 200 Mio. Franken führen, wenn diese tatsächlich umgesetzt würden. Das würde die Patientinnen und Patienten zudem vor unnötigen, teils sogar schädlichen Behandlungen schützen.
Grundlegende Reformen sind unbedingt nötig

Dringend nötig wäre eine bessere und überregionale Spitalplanung. Die Kantone nehmen heute ihre Verantwortung in der Versorgungsplanung bei Spitälern und bei der Zulassung von Leistungserbringern zu wenig wahr. In den Städten gibt es zu viele Ärztinnen und Ärzte, vor allem bei den Spezialisten. Mit einer überregionalen Spitalplanung könnte das Angebot den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst werden. Damit würden einerseits Kosten gespart und andererseits die Qualität der Behandlungen verbessert, weil sich Spitäler auf jene Bereiche konzentrieren könnten, in denen sie besonders gute Resultate erzielen.

Ein breiter und verpflichtender Einsatz des elektronischen Patientendossiers (EPD) würde die nötige Transparenz als Grundlage für Qualitätsverbesserungsmassnahmen schaffen. Auch hier liessen sich mit einer Verpflichtung für alle Leistungserbringer zur Nutzung des EPD rasch positive Resultate erzielen. Für die Patientinnen und Patienten würde das EPD viele Vorteile bringen, die Koordination innerhalb des Gesundheitswesens wäre damit deutlich einfacher, zudem könnten unnötige, bereits erfolgte Untersuchungen oder Behandlungen eher vermieden werden.

Der dringend nötige Einsatz von Pauschaltarifen auch für ambulante Behandlungen soll in den kommenden Jahren endlich etabliert werden. Für die Patientinnen und Patienten wäre damit viel einfacher nachvollziehbar, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Auch minimiert es den Anreiz, unnötige Behandlungen durchzuführen.

Schliesslich können auch alternative Versicherungsmodelle etwas gegen die Kostenentwicklung beitragen. Bereits heute wählen rund drei Viertel aller Versicherten ein solches Modell und profitieren so von einer qualitativ hochstehenden und koordinierten Behandlung. Ein Ausbau solcher Versicherungsmodelle kann zur Kostendämpfung beitragen, zum Beispiel mit Modellen bei denen die Versicherung dem Leistungserbringer eine fixe Entschädigung pro Patienten und Jahr bezahlt. Damit würde der Anreiz geschaffen, nur notwendige und wirksame Behandlungen durchzuführen sowie die Patientinnen und Patienten möglichst gesund zu erhalten.

Die Politik muss jetzt handeln, damit die Prämien in Zukunft bezahlbar bleiben.


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