RMS Risk Management Service AG: Der neue CEO Pierre-André Luder im Gespräch mit thebroker

18. Februar 2022 | Aktuell Interviews
RMS Risk Management Service AG: Pierre-André Luder ist der neue starke Mann.
RMS Risk Management Service AG: Pierre-André Luder ist neu federführend.

Seit gut 15 Monaten wirkt die 1993 gegründete RMS Risk Management Service AG unter dem Dach der ASSEPRO Gruppe. Weil die Vernetzung auch bei den Versicherungsbrokern zunehmend an Bedeutung gewinnt, drängte sich ein Anschluss an die ASSEPRO auf. Während Bruno Kopp nun als Senior Consultant firmiert, hat sein langjähriger Mitarbeiter Pierre-André Luder die Geschäftsleitung übernommen.

thebroker spricht mit Pierre-André Luder über seine Zeit als Geschäftsleiter sowie die Neuausrichtung und Stärken der RMS.

Herr Luder, seit dem 1. Juli 2021 sind Sie Geschäftsleiter der RMS Risk Management Service AG. Was hat sich mit Ihrer neuen Stellung verändert?

Durch meine über 15-jährige Tätigkeit bei der RMS ist in der Vergangenheit viel über mein Pult gelaufen. Diese Erfahrung, gekoppelt mit dem Ziel, den zukünftigen Anforderungen – sowohl innerhalb der ASSEPRO Gruppe als auch im Markt – Stand zu halten, habe ich die RMS neu strukturiert. Wir arbeiten heute konsequent mit einem Frontoffice und einem Backoffice. Diese neue Situation ist eine Herausforderung für alle Mitarbeitenden der RMS. Meine Aufgabe besteht daher auch darin, die Mitarbeitenden entsprechend zu unterstützen.

Wie haben die Mitarbeitenden die Neustrukturierung aufgenommen?

Sehr positiv, was nicht selbstverständlich ist. Allerdings verlangt das Ganze Flexibilität und Bereitschaft, um aus dem bisher bekannten Garten eine neue Grünanlage zu bauen.

Was erwarten Sie sonst noch von Ihren Mitarbeitenden?

Ich erwarte die Übernahme von Eigenverantwortung und aktive Mitgestaltung. Die Mitarbeitenden sollen in ihren Tätigkeitsbereichen Verantwortung übernehmen und sich ermutigt fühlen, Entscheide zu treffen.

Sie übernahmen Ihr Amt inmitten der Corona-Pandemie während einer schwierigen Zeit. Welchen Einfluss hatte und hat das Virus auf Ihre Arbeit?

Die Pandemie hatte grossen Einfluss auf unseren Betrieb. Einerseits haben wir das Homeoffice umgesetzt, was in der Phase der Neugestaltung nicht einfach ist. Es fehlt schlicht der direkte Kontakt im Team, um die Entwicklung zu spüren und richtig wahrzunehmen. Auf der anderen Seite war das RMS-Team auch direkt von Covid-Erkrankungen betroffen. Diese Ausfälle haben die Situation zusätzlich erschwert.

Die RMS ist Coverholder von Lloyd’s. Wie lange besteht diese Zusammenarbeit bereits?

Eine Kernaufgabe der RMS ist die Betreuung von Humanitären Organisationen. In diesem Zusammenhang wurde zusammen mit Lloyd’s Ende der 1990er Jahre innovative Lösungen für die Versicherung von politischen Risiken inklusive Kriegsrisiken entwickelt. Diese Kontakte zu Lloyd’s führten dazu, dass die RMS im Jahre 2001 Lloyd’s Coverholder wurde. Dieser Status ermöglichte der RMS, als Erste eine Erdbeben-Versicherung in der Schweiz anzubieten.

Wie wird man Lloyd’s Coverholder?

Es sind gegenüber Lloyd’s bestimme Anforderungen zu erfüllen. Entsprechend wurde die RMS «geröntgt», respektive im heutigen Sprachjargon einer Due Diligence unterzogen. Für Lloyd’s ist das gegenseitige Vertrauen zentrale Voraussetzung für die gemeinsame Zusammenarbeit.

Welche Vorteile bieten sich für RMS durch die Partnerschaft?

Als Lloyd’s Coverholder wird dir von Lloyd’s die Kompetenz übertragen, das Underwriting zu machen, Policen zu schreiben und Prämien einzukassieren. Kurz: Die RMS übernimmt die Aufgaben eines Versicherers. So sind gegenüber unseren Partnern und Kunden kurze Abläufe garantiert, verbunden mit einem flexiblen Vorgehen.

Was ist, wenn Sie seitens Lloyd’s keine Kompetenzen besitzen?

Als Lloyd’s Coverholder besitzen wir selbstverständlich auch den direkten Zugang zum Lloyd’s Markt. Wir nennen diesen den «Open Market». Über diesen Weg können spezielle Lösungen eruiert werden. Allerdings setzt dies ein gewissen Prämienvolumen voraus. Mit einer Jahresprämie von 250 Franken ist es noch nicht sinnvoll, auf den Lloyd’s «Open Market» zuzugreifen.

Die RMS hat mit Lloyd’s diverse eigene Produkte entwickelt. Können Sie uns Beispiele nennen?

Wie vorgängig erwähnt hat die RMS die erste Erdbebenversicherung in der Schweiz entwickelt, und zwar zu einem Zeitpunkt, in welchem die lokalen Versicherer dieses Risiko als nicht versicherbar betrachteten.

Auch haben wir zusammen mit dem Schweizerischen Anwaltsverband (SAV) eine Berufshaftpflicht-Versicherung für dessen Mitglieder entwickelt. Die damalige Lösung brachte auch neue und innovative Deckungen in den Schweizer Markt, welche bisher nicht angeboten wurden wie Verzicht auf die Anwendung der Grobfahrlässigkeit, Verzicht auf Kündigung im Schadenfall, fixe Selbstbehalte und viele weitetre. Weiterhin unerreicht bleibt das Mitspracherecht des Versicherten im Schadenfall, welches nur Lloyd’s anbietet.

Welche weiteren Produkte bieten Sie über Lloyd’s an?

In der Zwischenzeit hat die RMS als Lloyd’s Coverholder sechs Binding Authorities. Nebst den oben genannten Produkten bieten wir auch klassische Sachversicherungen wie Hausrat und Gebäude – auch gegen unfallmässige Beschädigung – Schmuck-, Bilder- und Wertsachenversicherung an. Im Bereich der Berufshaftpflicht bieten wir verschiedene Lösungen für die unterschiedlichsten Berufsgattungen an. Für den Unfall können bei uns Summenversicherungen eingekauft werden, auch verbunden mit politischen Risiken wie Krieg oder Terror bei Aufenthalten im Ausland.

Welche Faktoren sind in der Produktentwicklung ausschlaggebend?

Einerseits wichtig zu beachten, ist die Marktentwicklung, andererseits das mögliche Vertriebs-Potenzial. So sind wir neu in der Lage, über Lloyd’s eine Cyber-Versicherung für Unternehmen anzubieten.

Über welche Kanäle vertreiben Sie Ihre Versicherungslösungen?

Wir arbeiten sehr viel mit Partnern wie Versicherungsbrokern, Versicherungsgesellschaften oder Organisationen zusammen, welche die Lloyd’s Produkte direkt bei uns einkaufen, weil sie spezifische Produkte für ihre Mitglieder benötigen.

Generali Schweiz lanciert eine neue Geschäftsstrategie, in der sie sich unter anderem im Bereich Sach- und Haftpflichtversicherung verschlanken will. Hat das auch Konsequenzen für Sie?

Diese Marktentwicklungen verfolgen wir mit Interesse. Als Lloyd’s Coverholder sind wir in der Lage, bestehende Produkte zu entwickeln oder neue Produkte auf den Markt zu bringen. Für uns müssen solche Entwicklungen aber mit einem gewissen Potenzial verbunden sein. Kurz gesagt: Wir können nicht für drei Policen ein neues Produkt generieren.

Mit dem neuen VAG werden Verschärfungen in der Gesetzgebung kommen, unter anderem in der Ausbildungs- und Weiterbildungspflicht, im Reporting und Controlling und in der Compliance. Was haben Sie diesbezüglich schon unternommen?

Die Zunahme von Regelungen und der Compliance im Generellen macht uns – ganz ehrlich, – zu schaffen. Wir als RMS werden immer mehr mit Administrations- und Verwaltungsaufgaben konfrontiert. Dies auch bedingt dadurch, dass wir als Lloyd’s Coverholder natürlich gewisse Auflagen umsetzen müssen und entsprechend kontrolliert werden.

Können Sie konkrete Beispiele aufzeigen?

Nehmen wir die Produkteentwicklung. Da wir unsere eigenen Lloyd’s-Wordings besitzen, mussten wir auch neue Regelungen wie beispielsweise die VVG-Anpassungen per ersten Januar 2022 umsetzen. Wie zuvor schon erwähnt, setzen wir Sachen in einem kleinen Team um, für welche die lokalen Versicherer ihre speziellen Abteilungen haben. Was das Controlling betrifft: Mit all unseren Kompetenzen als Lloyd’s Coverholder werden wir regelmässig von Lloyd’s verschiedenen Audits unterworfen. Wir sind es also gewohnt, mit Änderungen und Kontrollen umzugehen.

Das klingt nach sehr umfangreichen Aufgaben?

In der Tat ist die Tätigkeit als Lloyd’s Coverholder sehr umfangreich. Wir bestimmen unsere Prioritäten mehrmals täglich neu und müssen sehr viel Flexibilität aufbringen. Dies ist eine echte Herausforderung, welche nicht immer einfach ist aber sehr spannend sein kann.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Pierre-André Luder arbeitet seit mehr als 15 Jahren in der RMS Risk Management Service AG, wo er für das Lloyd’s Business verantwortlich war. Bevor er zur RMS stiess war er in der ehemaligen National Versicherung tätig. Dort in verschiedenen Abteilungen und Positionen. Dies gab ihm die Chance, ein breites Wissen und die Liebe zum Allrounder aufzubauen. Voraussetzungen, welche für die Tätigkeit bei einem Lloyd’s Coverholder unabdingbar sind.  

Das Interview hat Binci Heeb geführt.

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