HZ Insurance Forum ’22: Von der Praxis für die Praxis

1. Juli 2022 | Aktuell Allgemein
HZ Insurance Forum: Von der Praxis für die Praxis
HZ Insurance Forum am 23 Juni 2022 im Dolder Grand Zürich.

Das HZ Insurance Forum ’22 fand unter dem Titel: «Digitale Ökosysteme und der neue Kunde – Praxisansätze für den Vertrieb von morgen» statt. Damit wird das Forum der Entwicklung gerecht, dass immer mehr Versicherer in die digitale Transformation investieren und interessante Möglichkeiten in Ökosystemen sehen.

Das Programm des diesjährigen HZ Insurance Forums war gespickt mit Highlights. Angefangen mit dem Vortrag von Prof. Dr. Hato Schmeiser, dem geschäftsführenden Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen zum Thema «Main challenges für Wirtschaft und Versicherungsbranche» bis zum Beitrag von Fabrizio Petrillo, CEO AXA zum Thema «Beyond Insurance – Ökosysteme in der Praxis. thebroker.ch hat einige zentrale Punkte des Forums herausgepickt und zusammengefasst.

Nachgefragt: Meinungen und Hintergründe

Ein Highlight war der Austausch mit Nathalie Meyer, Country President Schweiz bei Chubb, dem grössten börsenkotierten Industrieversicherer der Welt, dass das Unternehmen sehr stark in die Transformation investiert habe, da es beim Wandel dabei sein möchten. Chubb sieht eine grosse Herausforderung in der Technik bei der Verbindung von neu und alt. Daneben spielten Ökosysteme eine sehr wichtige Rolle. Unter anderem bestehe eine Kooperation mit Sunrise. Die Akzeptanz im Markt für die Digitalisierung sei während der Coronapandemie gestiegen. Dabei geholfen habe die Technologie durch standardisierte Programmierschnittstellen APIs.

Hato Schmeiser, Geschäftsführender Direktor Institut für Versicherungswirtschaft, Universität St. Gallen und Nathalie Meyer, Country President Schweiz Chubb

Intelligenter Digitalisierungsgrad ist wichtig

Pax-CEO Beat Kappeler sieht die Versicherung Pax als Vorreiterin in Sachen Digitalisierung. Mit ihrer Todesfallversicherung EmmaLife habe die Versicherung ein gutes Level erreicht. Kappeler strich auf dem Panel hervor, dass neben der Digitalisierung auch der persönlichen Kontakt nicht vergessen werden dürfe. Nicht ein möglichst hoher, sondern ein intelligenter Digitalisierungsgrad sei wichtig. Versuche mit Bots seien sehr durchzogen gewesen. Die Pax konnte interessanten Kooperationen und Ökosystemen beitreten. Der hohe Reifegrad in der Digitalisierung steigere die Möglichkeit zu Kooperationen und Ökosystemen.

Michaela Geiger, Redaktorin HZ Insurance im Gespräch mit Peter Kappeler, CEO Pax

HZ Insurance Forum ’22: «Erlebnis, Problemlösung oder Touchpoints – was wollen die Kund*innen?»

Digitalisierung sei nur ein Trend, wenn sie dem Kund*innen auch nütze, sagte Prof. Dr. Nils Hafner, von der Hochschule Luzern in seinen launigen Ausführungen auf dem Podium. Dass er kein Freund von Ominchannel sei, erklärte er damit, dass sich das Modell kein Mensch leisten könne. Die persönliche Beratung, welche im Versicherungsgeschäft aktuell rund 80 Prozent des Kundenkontakts ausmache, sei weiterhin das wichtigste Mittel, um mit der Kundschaft in Verbindung zu treten. Im persönlichen Beratungsgespräch könne man besser und kompetenter auf die Kundenbedürfnisse eingehen. Nur ein Prozent der Versicherten in der Schweiz würden ferner Chatbots nutzen.

Prof. Dr. Nils Hafner, Programmleiter CAS Future of Insurance, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, Hochschule Luzern

Disruption & Transformation, Risiken & Chancen, Nachhaltigkeit & Wirtschaftlichkeit, Digitalisierung & Skills in der Zukunft

Zu diesem Thema wurden vier Akteure aus der Versicherungswirtschaft vom Chefredaktor der Bilanz befragt. «Grundsätzlich sind steigende Zinsen für Versicherer nicht schlecht», meinte Martin Jara, CEO Schweiz bei Helvetia. Die Schweiz habe keine oder nur wenig Erfahrung mit der Inflation, führte er fort. Die CEO und Cofounderin von Calingo Insurance AG sprach hingegen von schwieriger werdenden Finanzierungsrunden. Auch Marc Luginbühl, CEO HDI Global Switzerland sagte, er spüre die Inflation seiner Meinung nach gravierend. Christoph Schmallenbach, CEO der Generali Schweiz teilte die Meinung von Martin Jara, wonach es noch kein Erfahrungswissen über solch einen Zinsanstieg gäbe. Dieser werde alle fordern, auch die Aufsichten. Lösungen müssten gefunden werden, die im Verbund gedacht seien.

Gemäss Martin Jara werden die Reparatur- und Baukosten steigen, was sich bei den Prämien zeigen werde. Es sei Fingerspitzengefühl nötig, um zu kalkulieren, wie hoch die Prämien noch vertretbar seien. Anina Lutz und Marc Luginbühl plädierten für embedded insurance. Die Preise müssten konstant überprüft werden, so Lutz, die One-Click-Experience sei ihre Stärke. Christoph Schmallenbach verwies auf die drei Mal höhere Inflationsraten in anderen europäischen Ländern und sagte: «Die Schweiz wird nicht die Insel der Glückseligkeit bleiben können.»

V.l.n.r.: Dirk Schütz, Chefredaktor Bilanz, Martin Jara, CEO Schweiz Helvetia, Anina Lutz, CEO and Cofounder Calingo Insurance AG, Marc Luginbühl, CEO HDI Global Switzerland, Christoph Schmallenbach, CEO Generali Schweiz

«Während Corona lief deutlich mehr über digitale Formen ab», so Martin Jara. Die Online-Kanäle hätten sich sehr gut entwickelt. Embedded insurance nur in der Schweiz reiche nicht. Die Arbeit im mHomeoffice funktioniere weiterhin sehr gut. Bei Generali bleibt das Homeoffice mit drei Tagen Büro und zwei Tagen zu Hause weiterhin bestehen. Calingo wurde gar inmitten der Coronapandemie gegründet: Alle Mitarbeitenden arbeiteten seit Beginn im Homeoffice. Bei HDI Global Switzerland sind derzeit die Mitarbeitenden noch zwei Tage im Büro und drei Tage zu Hause.

Martin Jara war der Meinung, dass der Aussendienst gestärkt gehört. Die Marge und Abschöpfung sei dort, wo die Kund*innen seien: Im Aussendienst und bei Smile. Calingo verfügt über keinen Aussendienst. Dieser sei für komplexe Produkte wichtig, betonte Anina Lutz. Gemäss Christoph Schmallenbach müsse der Produktbegriff neu gedacht werden. Die Kund*innen wollten vom Versicherer nicht erzogen werden, sondern eine Lösung angeboten bekommen. Es müsste von der Kundschaftsperspektive aus gedacht werden, indem Produkte vereinfacht würden, damit alle Kund*innen sie verstünden.

HZ Insurance Forum ’22: Nachgefragt: Meinungen und Hintergründe

Der Chief Insurance Officer von Wefox, Peter Huber, sah eine Weiterführung der Basisprozesse in der Digitalisierung. Eine Revolution habe noch nicht stattgefunden. Disruptive Veränderungen in den nächsten Jahren sah er im Automotive-Bereich, bei selbstfahrenden Autos und Elektroautos. Er sah in Zukunft mehr individuelle Kundenlösungen und nannte Genomics und Healthcare sowie Nachhaltigkeit als mögliche Beispiele. Ökosysteme würden aus Sicht von Huber im Bereich Mobilität und Healthcare Sinn machen. In anderen Bereichen empfinde er Ökosysteme eher als störend. Idealerweise sei ein digitales Ökosystem dort verfügbar, wo die Kund*innen es benötigten.

Peter Huber, Chief Insurance Officer Wefox und Karin Bosshard, Chefredaktorin HZ Insurance

Für Pierangelo Campopiano, CEO von Smile, zeige sich gutes Kundenverständnis in der Demokratisierung von Kundenfeedback. Smile arbeitet daran eine Customer Experience Revolution zu implementieren. Sie würden den Brand weiter aufbauen und würden daneben auch ein digitaler Lifestyle-Brand sein wollen. Dabei geht Smile den Weg von Netflix und Spotify. Derzeit ist Smile der grösste Versicherer, welcher auf Tiktok präsent ist. Die Versicherung sehe sich laut Campopiano auch als digitaler Partner in Ökosystemen, wie beispielsweise in der Zusammenarbeit mit der Migros Bank. Demnächst will Smile auch auf den österreichischen Markt gehen, und sich bei guten Erfahrungen auf den spanischen Markt ausdehnen.

Pierangelo Campopiano, CEO Smile und Matthias Niklowitz, Redaktor HZ Insurance

HZ Insurance Forum ’22: Welche Faktoren beeinflussen den Wert von strategischen Partnerschaften?

Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen möchte die Schweizerische Post. Nicole Burth, Leiterin der Kommunikations-Services und Mitglied der Konzernleitung, war der Meinung, dass nicht jede Firma eine App benötigte. Es gäbe schon zu viele, deshalb sei eine Konsolidierung und Vereinfachung wichtig. Zudem brauche es sichere Apps. Deshalb wolle die Post für KMU, Behörden und Gesundheitsbereich Ökosysteme schaffen, um die digitalen Daten zu bündeln. Mit ihrem Vorhaben, eine EPost genannte App zu entwickeln, sollen Kanäle gebündelt werden und mehrere Kund*innen sich treffen können.

Nicole Burth, Leiterin Kommunikations-Services und Mitglied der Konzernleitung Schweizerische Post und Renato Stalder, CEO Klara Business AG

Versicherungsbroker-Forum 2022 am 23. August 2022

Das HZ Insurance Forum zeigte sich von der besten Seite. Hervorragend organisiert und mit namhaften Referent*innen war es einer der Höhepunkte der Versicherungswirtschaft in diesem Jahr. Am 23. August folgt mit dem Versicherungsbroker-Forum 2022 ein weiteres Highlight im Gottfried Duttweiler-Institut in Rüschlikon.

Binci Heeb

Lesen Sie auch: HZ Insurance Forum: ASSEPRO – schon seit 10 Jahren mit digitaler Schadenplattform


Tags: #Calingo Insurance AG #Chubb #EmmaLife #Generali Schweiz #HDI Global Switzerland #Helvetia #HZ Insurance Forum #Pax #Schweizerische Post #Smile #Sunrise #Wefox