FINMA: Mehr Fragen als Antworten nach Vermittler-Symposium

15. November 2023 | Aktuell Allgemein
FINMA Vermittler-Symposium: André Steiner, VR-Präsident und Geschäftsleiter Mendo AG beantwortet Fragen betr. Aus- und Weiterbildung, die den Brokermarkt besonders interessieren.
FINMA Vermittler-Symposium: André Steiner, VR-Präsident und Geschäftsleiter Mendo AG, beantwortet Fragen zu Aus- und Weiterbildung, die den Brokermarkt besonders interessieren.

Das Vermittler-Symposium der FINMA war dafür gedacht, die Fragen der Anwesenden konkret zu beantworten. Es blieben mehr Fragen als Antworten. Besonders beim Schulungsbedarf ab nächstem Jahr. Unter anderem wurde gefragt, ob es Äquivalenzen zur Vermittlerprüfung VBV geben wird und wie die Standards aussehen werden.

thebroker spricht mit André Steiner, seit 2000 Verwaltungsratspräsident und Geschäftsleiter Mendo AG über die Fragen, die den Brokermarkt besonders interessieren. Parallel dazu ist er auch Geschäftsstellenleiter der Interessengemeinschaft Ausbildung im Finanzbereich – Prüfungsträgerschaft im Berufsbildungsbereich (IAF) für die Romandie und die italienischsprachige Schweiz.

Herr Steiner, mit der Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und die dazu gehörende Aufsichtsverordnung (AVO) treten ab dem 1. Januar 2024 verschiedene neue Regelungen in Kraft. Sie haben am Vermittler-Symposium der FINMA teilgenommen. Was war Ihr Eindruck von der Veranstaltung?

Ich habe am Informationsanlass in Lausanne teilgenommen. Der Anlass war sehr gut organisiert und die Beiträge waren kurz und auch verständlich gehalten. Die neue Ausgangslage ist aber für alle betroffenen Personen und Unternehmen sehr herausfordernd. In diesen Tagen müssen bereits erste Massnahmen umgesetzt werden und ich bin der Meinung, dass diese Symposien früher hätten stattfinden müssen. Es scheinen ja auch etliche Detailfragen noch nicht beantwortet zu sein und es bestehen teilweise unterschiedliche Interpretationen zu den neuen rechtlichen Bestimmungen.

Für wen gelten eigentlich die Aus- und Weiterbildungspflichten?

Die Aus- und Weiterbildungspflichten gelten für alle Personen, die als Versicherungsvermittelnde gemäss AVO 182a gelten. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Versicherungsvermittler oder eine Versicherungsvermittlerin gebunden oder ungebunden ist. Die neue rechtliche Definition des Versicherungsvermittlers ist weiter gefasst als im bisherigen Recht. Eigentlich trifft dies jede Person, die Kunden beim Abschluss eines Versicherungsvertrags unterstützen oder begleiten – mit gewissen Ausnahmen. Dies betrifft auch viele Personen im Verkaufssupport und Innendienst und auch Anbieter von digitalen Angeboten. Schätzungen zufolge werden rund 35’000 Personen in der Branche als Versicherungsvermittelnde gelten. Auch wenn dies lediglich eine Schätzung ist, zeigt dies deutlich auf, dass sehr viele Fachleute betroffen sein werden. Dazu gehören nebst Brokern auch viele Angestellte von Versicherungsgesellschaften aber auch von Banken und weiteren Anbietern.

Bis wann gelten die CICERO-Punkte noch?

Im Moment ist angedacht, das Ciceroregister bis Ende 2025 weiterzuführen. Personen, die als gebundene Versicherungsvermittler gelten und im Ciceroregister eingetragen sind, empfehle ich, die Weiterbildungscredits weiter zu erlangen, damit sie Ende 2025 als aktives Mitglied eingetragen sind.

Der definitive Entscheid zur Beendigung des Ciceroregisters wird wohl im kommenden Frühjahr getroffen.

Was passiert mit dem Ciceroregister des VBV, nachdem es aufgelöst wird. Werden die Mitglieder in das neue VBV-Branchenregister übertragen und ihre Weiterbildungsleistungen angerechnet?

Ja dies ist so vorgesehen. Daher ist es für Cicero-Mitglieder sehr wichtig, eingetragen zu bleiben. Heute wird davon ausgegangen, dass alle aktiven Mitglieder automatisch in das Nachfolgeregister des VBV übertragen werden. Dies ist allerdings für die gebundenen Versicherungsvermittler relevant und wichtig. Zudem wird der Übergang erst im Rahmen der Festlegung der Mindeststandards zur Aus- und Weiterbildung definitiv geregelt werden. Die Genehmigung durch die FINMA wird voraussichtlich erst im 2. Quartal 2024 erfolgen. Bis dahin bleiben leider einige Unsicherheiten bestehen.

Die ungebundenen Versicherungsvermittler müssen sich im FINMA-Register eintragen (falls nicht bereits erfolgt). Für sie wird künftig das Cicero-Register wohl keine Rolle mehr spielen. Auch sie werden aber die Aus- und Weiterbildungspflichten einzuhalten haben und müssen die diesbezüglichen Mindeststandards der Branche abwarten. Jene die bereits im Ciceroregister eingetragen sind, bleiben wohl vorderhand besser Mitglied und warten die definitiven Entscheidungen im kommenden Frühjahr ab.

Besonders die Aus- und Weiterbildungspflicht (VAG Art 43, AVO Art. 190 und 190a) gab zu reden. Wird es beispielsweise Äquivalenzen zur Vermittlerprüfung VBV geben?

Dafür habe ich volles Verständnis. Für viele Fachleute in der Branche bestehen hier viele Fragezeichen. Was die Äquivalenzen betrifft, so muss man zwei Phasen unterscheiden.

In die erste Phase fallen die Jahre 2024 und 2025. Bis Ende 2025 müssen alle Versicherungsvermittler über einen anerkannten Bildungsabschluss verfügen damit sie im FINMA-Register (ungebundene Vermittler) oder im Ciceroregister (gebundene Vermittler) eingetragen werden können. In dieser Phase werden die heute bestehenden Äquivalenzen weiterhin gültig bleiben.

Die zweite Phase betrifft die Zeit ab 2026. Ab dann werden die Mindeststandards zur Aus- und Weiterbildung in Kraft sein. In diesen Mindeststandards muss die Branche auch die Gleichwertigkeit anderer fachlicher Ausweise zum Nachweis der Aus- und Weiterbildung regeln. Dies ergeht aus den Erläuterungen zum VAG und der AVO und ist ein bindender Auftrag an die Branche und letztlich auch an die FINMA. Diese Spielregeln werden im Auftrag der FINMA durch den Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft VBV derzeit erarbeitet. Gut möglich, dass nicht alle heute als Äquivalenz anerkannten Ausbildungen weiterhin anerkannt bleiben werden. Entscheidend werden formale (Qualifikationsprofil, Prüfungsreglement, Beschwerdeweg etc.) und inhaltliche Anforderungen an eine Ausbildung sein. Als Co-Geschäftsführer der IAF bin ich an dieser Entwicklung natürlich besonders interessiert.

Wie sieht es mit wiederkehrenden Prüfung nach der Übergangspflicht aus?

Aus heutiger Sicht muss damit gerechnet werden, dass die Weiterbildungspflicht mittels regelmässiger Prüfungen nachzuweisen sein wird. Diese «Checkup-Prüfungen» werden vermutlich alle zwei Jahre stattfinden und ein webbasierter Test sein. Ob andere Weiterbildungsmassnahmen künftig anerkannt werden, ist heute noch unklar. Dies wird ebenfalls durch den VBV in den Mindeststandards geregelt werden.

Wie soll die Übergangsfrist gehandhabt werden?

Als erstes muss analysiert werden, wer vor Ende 2025 eine anerkannte Ausbildung abschliessen muss. Aufgrund der aktuell bestehenden Äquivalenzen stehen dazu mehrere Ausbildungen zur Verfügung. Ich befürchte zudem, dass bei der Einteilung in gebundene und ungebundene Versicherungsvermittler noch viele Unsicherheiten bestehen und etliche Details abgeklärt werden müssen. Bis Ende Jahr müssen ungebundene Versicherungsvermittler bei der FINMA registriert sein.

Bei Personen, die sicher noch eine anerkannte Ausbildung abschliessen müssen, empfehle ich nicht zu lange zuzuwarten. In den kommenden zwei Jahren werden sich noch mehrere Tausend Personen zertifizieren müssen. Es wäre schade den Termin von Ende 2025 zu verpassen, weil kein Ausbildungs- oder Prüfungsplatz gefunden werden kann.

Noch sind die Mindeststandards durch die FINMA nicht genehmigt. Wann denken Sie, wird es soweit sein?

Der Zeitplan sieht vor, dass der VBV die Mindeststandards im kommenden Frühjahr (vermutlich Ende Q1 2024) einreicht und die FINMA diese anschliessend genehmigt. Spätestens im kommenden Sommer sollten die Mindeststandards endlich stehen. Hoffen wir, dass es nicht zu negativen Überraschungen und Verzögerungen kommt. Derzeit laufen sehr viele Diskussionen rund um die Mindeststandards. Die FINMA hat meines Erachtens an den Symposien eine gewisse Ungeduld gezeigt und die Branche dazu aufgerufen, die Mindeststandards endlich zu regeln. Sollte sich die Branche hier verheddern droht der Abbruch der Übung und es wäre der Bundesrat, welcher die Mindeststandards definieren würde. Dies jedenfalls ist ebenfalls in den Erläuterungen zum revidierten VAG und der AVO so festgehalten.

Was passiert während der Übergangsphase 2024 und 2025?

Diese Zeit müssen die Unternehmen und weitere betroffene Personen nutzen, um die Einhaltung der Ausbildungspflicht bis Ende 2025 sicherzustellen. Wie bereits erwähnt, warne ich davor hier zu lange zuzuwarten. Es gibt keine Garantie dafür, dass jede Person zum gewünschten Zeitpunkt einen Prüfungsplatz haben wird. Und es muss auch damit gerechnet werden, dass eine Person im ersten Anlauf die Prüfung nicht schafft und die Chance auf eine Repetition erhalten sollte.

Ansonsten gebe ich zu Bedenken, dass das neue VAG ab dem 1. Januar 2024 in Kraft tritt und im Gegensatz zur Ausbildung keine Übergangsregelungen gelten.

Welche Ausbildungszertifikate sind bis Ende 2025 anerkannt?

Diese findet man auf der Liste der anerkannten Ausbildungen der FINMA beim VBV unter «Voraussetzung für die Mitgliedschaft».

Welche ab 2026?

Sicher ist, dass die Ausbildung Versicherungsvermittelnde VBV anerkannt sein wird. Ich gehe auch davon aus, dass einige weitere Ausbildungen anerkannt bleiben, so das Zertifikat Versicherungs- und Vorsorgeberatende IAF. Definitiv wird dies aber mit der Genehmigung des Mindeststandards im kommenden Jahr geregelt sein. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht auch, ob höherwertige Ausbildungen wie ein Fachausweis (in Versicherungswirtschaft oder Finanzplanung) oder auch das Diplom in Finanzberatung der IAF weiterhin anerkannt bleiben oder nicht. Im Sinne der Branche und der erwerbstätigen Fachkräfte wäre dies sehr zu begrüssen. Auch sehr zu begrüssen, wäre eine baldige Kommunikation durch den VBV, welche Ausbildungen auch künftig als gleichwertig gelten sollen. Insbesondere planen grössere Unternehmen ihre Ausbildung für die nächsten Jahre und möchten gerne klare Informationen hierzu erhalten. Etliche dieser Unternehmen müssen auch die Ausbildungspflichten aus dem Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG beachten. Der Diplomabschluss Finanzberater IAF ist bisher sowohl für die Ausbildungsanforderungen aus dem FIDLEG als auch dem VAG anerkannt. Es wäre für die Branche und die betroffenen Unternehmen und Personen betrüblich, sollte dies ab 2026 nicht mehr gültig sein.

Wann beginnt die Weiterbildungspflicht?

Diese startet zwei Jahre nach der Genehmigung der Mindeststandards durch die FINMA. Somit muss heute damit gerechnet werden, dass die Ausbildungspflicht per 31.12.2025, die Weiterbildungspflicht aber wohl im Frühjahr oder Sommer 2026 in Kraft treten.

Welchen Bildungsweg empfehlen Sie zur anerkannten Ausbildung 2024/2025?

Die auf die Versicherungsthemen fokussierten Zertifikats-Ausbildungen «Versicherungsvermittelnde VBV» und «Zert. Versicherungs- und Vorsorgeberatende IAF» sind sicherlich der rascheste Weg zu einem anerkannten Ausbildungsabschluss.

Zu reden gab auch die neue Unterteilung der Versicherungsvermittlung in gebunden und ungebunden. Es gibt einige Versicherungsbroker, die bisher gebunden und ungebunden waren. Müssen die nun eine zweite Firma gründen?

Versicherungsvermittler werden künftig entweder als gebunden oder ungebunden gelten. Eine Mischform wie bis anhin wird es nicht mehr geben. Wer sich als ungebundener Versicherungsvermittler einträgt, hält sich alle strategischen Optionen offen. Im Gegenzug sind aber natürlich auch einige Nachteile damit verbunden, insbesondere zusätzliche Kosten durch die Registrierung und Überwachung bei, bzw. durch die FINMA. Allenfalls wird die Gründung einer zweiten Firma sinnvoll sein. Dies kann aber wohl nur im Rahmen einer individuellen Situationsanalyse beantwortet werden.

Zum Schluss weise ich sehr gerne auf zwei Informationsseiten im Internet hin. Die Mendo AG führt seit September eine Infoseite FAQ VAG mit Informationen zu den Themen der Registrierung sowie der Aus- und Weiterbildung. Diese Infoseite wird auch laufend aktualisiert.

Auch der VBV lanciert in diesen Tagen eine neue Infoseite «Orientierungshilfe/häufig gestellte Fragen (FAQ)» mit wertvollen Informationen.

André Steiner ist Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der Mendo AG und war Gründungspartner dieses Bildungsinstituts im Jahr 2004. Er ist auch Co-Geschäftsführer der IAF Interessengemeinschaft Ausbildung im Finanzbereich und Verwaltungsratspräsident der Legato Vermögensmanagement AG. Zuvor war André Steiner bei PricewaterhouseCoopers und einer Grossbank in den Bereichen Anlagen, Vorsorge und Steuern tätig. Nach seiner Banklehre folgten die Abschlüsse zum Betriebswirtschafter HF und zum eidg. dipl. Finanzplanungs-Experten. André Steiner ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

Lesen Sie auch: Versicherungsbroker-Forum 2023: VAG-Revision und ihre Implikationen auf den Brokermarkt


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