Todesfälle: Erhöhung in Alters- und Pflegeheimen um 80 Prozent im Herbst 2020

7. Januar 2022 | Aktuell
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Pflegeheim Sennhof in Vordemwald, Kanton Aargau. Bild: Andreina Schoeberlein auf flickr.com

Die Publikation «Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Gesundheitsversorgung im Jahr 2020» des Bundesamtes für Statistik BFS beleuchtet, welchen Einfluss die Pandemie 2020 auf die Spitäler und Alters- und Pflegeheime sowie deren Finanzlage hatte. Sie gibt zudem Aufschluss über das Profil der mit einer Covid-19-Diagnose hospitalisierten Personen.

2020 wurden 40 871 Spitalaufenthalte aufgrund einer Covid-19-Diagnose registriert, was drei Prozent aller Hospitalisierungen entspricht. 36 244 davon entfielen auf die Spitäler. Knapp ein Viertel der Spitaleinweisungen mit Covid-19 erfolgte im Frühling auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle. Der Grossteil der Einweisungen fand dagegen im späteren Jahresverlauf ab Ende September statt (69 Prozent).

Trotz der Covid-19-bedingten Hospitalisierungsfälle wurden rund 72 000 Hospitalisierungen weniger registriert als in den Vorjahren (minus fünf Prozent). 80 Prozent des Rückgangs erfolgte im Frühling und erklärt sich durch die vom Bund erlassene Vorschrift, auf nicht dringend angezeigte medizinische Eingriffe zu verzichten. Dabei stützt sich die Regierung auf Artikel 185a der der Bundesverfassung. Zudem ergriffen viele Spitäler Massnahmen, um ausreichende Ressourcen für die Behandlung von Covid-19-Patient*innen bereitzustellen.

Höchster Bedarf von Intensivpflege im Frühling und Herbst

Die Zahl der in der Intensivpflege verbrachten Stunden pro Patient*in erhöhte sich im gesamten Jahresverlauf um vier Prozent. Davon entfiel nahezu ein Fünftel auf Personen mit einer Covid-19-Diagnose. Auf dem Höhepunkt der beiden Pandemiewellen im Frühling und Herbst 2020 überstiegen die erfassten Stunden in der Intensivpflege die Werte der Vorjahre massiv, was auch die Überlastung der Intensivstationen erklärt.

Bei den Hospitalisierungen der ersten Welle zwischen dem 16. März und dem 5. April 2020 wurden im Vergleich zum Zeitraum der vorangehenden Jahre doppelt so viele Intensivpflegestunden verbucht. Zwischen dem 26. Oktober und dem 22. November 2020 betrug die Differenz nahezu 42 Prozent. 

Im Herbst registrierten die Spitäler 50 Prozent mehr Todesfälle

2020 nahm die Anzahl Todesfälle in den Spitälern (2015 Todesfälle mehr; Zunahme um acht Prozent) und insbesondere in den Alters- und Pflegeheimen (4978 Todesfälle mehr; Zunahme um 16 Prozent) markant zu. In der zweiten Pandemiewelle im Herbst war die Übersterblichkeit besonders hoch. In den Spitälern erhöhte sich die Zahl der Todesfälle ab Anfang November im Vergleich zu den Vorjahren um über 50 Prozent. Derweil wurden in den Alters- und Pflegeheimen ab Mitte Oktober 80 Prozent mehr Todesfälle registriert.

Spitäler sowie Alters- und Pflegeheime verzeichnen grössere Defizite

Die Spitälern verzeichneten 2020 insgesamt einen Verlust von über 800 Millionen Franken ( plus 44 Prozent). Lediglich sieben Prozent davon (55 Millionen Franken) wurden durch eine Defizitgarantie finanziert. Der Ertrag aus Leistungen an Patientinnen und Patienten verringerte sich 2020 um mehr als 300 Millionen Franken (minus ein Prozent). Eine solche Abnahme hatte es seit 2012 sonst nie gegeben.

Die Alters- und Pflegeheime beendeten das vergangene Jahr mit einem Verlust von 380 Millionen Franken (plus 25 Prozent). In der Genferseeregion erhöhte sich der Anteil der defizitären Einrichtungen gar von 31 Prozent im Jahr 2019 auf 49 Prozent im Jahr 2020. Lediglich ein Drittel dieses Defizits wurde von der öffentlichen Hand und von privaten Fonds getragen.

Hospitalisierungen mit Covid-19 oft schwerwiegend

Hospitalisierte Personen mit einer Covid-19-Diagnose benötigen dreimal so viele Intensivpflegestunden wie jene ohne Covid-19. 40 Prozent der Hospitalisierungen mit Covid-19 in der Intensivpflege erforderten eine Intubation, gegenüber neun Prozent von jenen ohne Covid-19 (Verhältnis 4:1).

Hospitalisierungen mit Covid-19 erforderten deutlich mehr Pflege und verursachten im Durchschnitt nahezu doppelt so hohe Kosten wie jene ohne Covid-19 (22 978 Franken gegenüber 12 613 Franken). Der Aufenthalt von Patient*innen mit Covid-19 auf der Intensivpflegestation kostete im Durchschnitt 73 532 Franken. Bei Personen, die intubiert werden mussten, beliefen sich die Kosten auf 107 877 Franken.

Schliesslich lässt sich sagen, dass Covid-19 2020 eine enorme Belastung der Intensivpflege und deren Mitarbeitenden zur Folge hatte, die auch 2021 zu spüren waren und wohl auch das Jahr 2022 prägen werden.

Pflegefachpersonal am Ende seiner Kräfte

Wer mit viel Idealismus eine Ausbildung in der Pflege gemacht hat, sieht möglicherweise seine Begeisterung in Zeiten von Corona stark schwinden. Denn an Corona erkrankte Patient*innen benötigen dreimal so viel Intensivpflege wie Patient*innen ohne Corona. Im Durchschnitt benötigen Coronapatient*innen 232 Stunden Pflege gegenüber 72 Stunden bei nicht an Corona erkrankten Patient*innen. Zudem benötigen rund 40 Prozent der Erkrankten zusätzlich eine Intubation. Ausserdem sterben sie fünfmal häufiger im Spital als jene ohne Covid-19-Diagnose (12,4 Prozent gegenüber 2,4 Prozent).

Zunehmend frustrierend ist auch der Umstand, dass die Pflegefachpersonen immer weniger Zeit für die einzelnen Patient*innen haben. Dies führt neben anderen Gründen dazu, dass sich immer mehr Pflegefachleute von ihrer Arbeit verabschieden, um in anderen Branchen tätig zu sein. Hier muss sich sehr schnell etwas ändern. Nicht nur mittels Lohnerhöhungen, mit einer Steigerung der Attraktivität der Arbeit und vor allem einem Ausbau des angestellten Pflegefachpersonals.

Binci Heeb

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