4-Tage-Woche: Noch kein Thema in der Versicherungsbranche?

22. Januar 2024 | Aktuell Allgemein
Work-Life-Balance: Die Prioritäten haben sich im Laufe der Jahre verändert. Bild: Nick Youngson CC BY-SA 3.0 Alpha Stock Images

Work-Life-Balance: Die Prioritäten haben sich im Laufe der Jahre verändert. Bild: Nick Youngson Nick Youngson

Homeoffice oder 4-Tage-Woche: Seit der Covid-19-Pandemie wird überall über Work-Life-Balance gesprochen, die Vor- und Nachteile werden evaluiert. Vollzeitangestellte arbeiten in der Schweiz im Schnitt 42 Stunden plus 24 Minuten und belegen damit einen Spitzenplatz in Europa. Nach Massgabe des Staatssekretariats für Arbeit (SECO) beträgt die Höchstarbeitszeit 45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellt sowie das Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels.

Während die einen gerne von zu Hause aus arbeiten, fehlen bei anderen diese Möglichkeiten aus Platz- oder praktischen Gründen. Bei vielen Firmen in der Schweiz wird eine Mischung von Heim und Büro angeboten, wobei der Aufenthalt im Büro wieder öfter vom Arbeitgeber bevorzugt wird. Laut NZZ vom 3. November 2023 sprechen bereits Berufseinsteiger im Bewerbungsgespräch darüber. Hierzu passt, dass thebroker ein Fall einer 21-jährigen Arztpraxis-Angestellten bekannt ist, die nach nur zwei Monaten die Kündigung einreichte. Der Grund: Sie sei abends nach der Arbeit meist zu müde, um noch auszugehen.

Wieviel wird in der Versicherungsbranche gearbeitet?

Im Jahr 2022 betrug die betriebsübliche Arbeitszeit in der Versicherungsbranche in der Schweiz 41,4 Stunden pro Woche, sagt die Online-Plattform für Statistik Statista. Bei einer im Februar und März 2023 unter kleinen und mittelgrossen Unternehmen durchgeführten Umfrage gaben 46 Prozent der Befragten an, die 4-Tage-Woche eher abzulehnen. Nur acht Prozent stimmten einer Verkürzung der Arbeitszeit zu.  

New-Work-Trend

Wie das Zukunftsinstitut Mitte Dezember letzten Jahres schrieb, muss ein modernes Arbeitsrecht diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Dabei ginge es um die Balance zwischen Compliance, Innovation und Sicherheit sowie Risikobereitschaft. Angesichts der sich ständig ändernden Technologien und Geschäftspraktiken kommt die Gesetzgebung nicht hinterher. Nur Firmen, die es schaffen, sich proaktiv und intelligent rechtzeitig auf die Gesetzesänderungen vorzubereiten und sie anzupassen, verhelfen sich einen Wettbewerbsvorteil. Ein Beispiel ist das am 1. September 2023 in Kraft getretene neue Datenschutzgesetz (revDSG).

Seit wann wird von Work-Life-Balance gesprochen?

Obwohl die Work-Life-Balance in Europa bereits seit dem 20. Und 21. Jahrhundert bekannt ist, wird erst seit wenigen Jahren davon gesprochen, Familie, Arbeit, soziale Aktivitäten und Freizeit besser unter einen Hut zu bringen. Dabei sind grosse Unterschiede zwischen den Generationen wahrzunehmen. 

Während die Babyboomer (geboren zwischen 1945 und 1964) nichts anderes als die 5-Tage-Woche kannten, ist es bei der Generation Z (Jahrgang zwischen 1996 und 2010) anders. Sie legen bereits Wert auf ein besseres Gleichgewicht von Arbeit und Freizeit. Die Generationen X (geboren 1965 – 1980) tendiert zur Meinung der Babyboomer, während die Generation Y (1981 – 1995) sich mehr an der Generation Z orientieren.

4-Tage-Woche

Die 5-Tage-Woche existiert in den meisten Ländern ausserhalb der dritten Welt seit dem 20. Jahrhundert. Zuvor waren es sechs, man arbeitete auch samstags. Für die 4-Tage-Woche stehen heute zwei Möglichkeiten zur Wahl. In Belgien, zum Beispiel, wird seit Februar 2022 bei gleichem Lohn an vier Tagen gearbeitet. Die Belgier dürfen selbst flexibel entscheiden, ob sie an vier oder fünf Tagen pro Woche bei gleichbleibendem Arbeitspensum und Lohn arbeiten wollen. Sie könnten also an einzelnen Tagen auch länger arbeiten, um dafür drei Tage Wochenende zu haben. Die 4-Tage-Arbeitswoche ist jedoch nur in der Privatwirtschaft möglich, denn der öffentliche Dienst fällt nicht unter die Gesetzgebung zur Arbeitszeit.

In Island wird ebenfalls an nur vier Tagen und bei vollem Lohn gearbeitet. Der Bevölkerung wird eine gleichbleibende Produktivität ohne Überstunden mit einer besseren Work-Life-Balance attestiert. Neun von zehn Isländern haben heute das Recht auf mindestens fünf Stunden weniger Arbeitszeit bei bisherigem Gehalt. In Frankreich wiederum gilt längst die 35-Stunden-Woche. Damit gehört es zum Land mit den kürzesten gesetzlichen Wochenarbeitsstunden Europas. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellt dies in Frage, was in der Grande Nation auf starken Widerstand, trotz ebenso schweren wirtschaftlichen Problemen, führt.

Mitte dieses Monats wurde bekannt, dass die Luzerner Firma Comfortfloor die 4-Tagewoche eingeführt hat, und dies bei gleichem Lohn. Jeweils freitags ist das auf Bodenheizungen spezialisierte Geschäft geschlossen. Negative Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn werden nicht erwartet. 

Noch ist die Versicherungswirtschaft der Schweiz weit entfernt davon, entsprechende Diskussionen haben allerdings begonnen.

Binci Heeb

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Tags: #4-Tage-Woche #New-Work-Trend #Versicherungsbranche #Work-Life-Balace