Wefox neu mit 2in1-Police: thebroker spricht mit CIO Peter Huber

10. Juli 2022 | Aktuell Interviews
Peter Huber, Chief Insurance Officer bei wefox
Peter Huber, Chief Insurance Officer bei wefox.

Seit Ende September letzten Jahres ist der ehemalige CEO von Zurich International Chief Insurance Officer beim bestfinanzierten europäischen Versicherungs-Startup wefox. Ab sofort führt der Versicherer eine neue 2in1-Police ein, die den Schutz einer traditionellen Hausratversicherung mit der Leistung einer Privathaftpflicht kombiniert.

Peter Huber, was waren die Gründe, um nach über zwanzig Jahren Versicherungserfahrung zum digitalen Versicherungsunternehmen wefox zu wechseln?

Seit dem Beginn meiner Karriere bin ich davon überzeugt, dass Versicherungen mit ihrem Solidaritätsprinzip eine tragende Säule in unserer Gesellschaft sind. Heute, zwanzig Jahre später, sind die Grundprinzipien unserer Gesellschaft gleich geblieben. Die Digitalisierung hat in diesen zwanzig Jahren trotzdem vieles verändert. Und zwar zum Positiven. Wir sind vernetzt, wir reisen um die Welt, der Gesamtwohlstand in Europa hat sich erhöht, wenn auch der Krieg in der Ukraine eine ordentliche Delle in diese positive Entwicklung geschlagen hat. 
 
Ich habe mich schon lange damit auseinandergesetzt, welche Rolle Versicherungen mittelfristig in einer hochdigitalisierten Gesellschaft spielen werden. Wefox legte mit seinen ambitionierten Zielen eine ausserordentlich progressive Denkweise über Versicherungen an den Tag, wie sie mir noch nie begegnet ist. Als Tech-Unternehmen ist wefox dennoch bescheiden. Wir versuchen nicht eine etablierte und erfolgreiche Industrie zu «disrupten», wie man im Sillicon-Valley so schön sagt, sondern eine logische Weiterentwicklung voranzutreiben.
 
Das fängt bei unserem Vertrieb an, der hauptsächlich auf persönliche Berater beruht, und setzt sich bei der Einbindung von etablierten Versicherungsgesellschaften in unsere Plattform fort. Alle wefox Entwicklungen werden nah am Endkunden und am Berater entworfen, um allen Akteuren das Leben buchstäblich leichter zu machen. In naher Zukunft sollen Versicherungen den Menschen dabei helfen, Risiken zu vermeiden, bevor sie entstehen. Diese Denke hat mich vollends überzeugt. Der Einstieg bei wefox fiel mir dementsprechend leicht.

Julian Teicke, Ihr CEO und Mitgründer von wefox will innerhalb eines Jahrzehnts die Nummer eins unter den Personenversicherern sein. Er erwartet von Ihnen, dass diese Absichten verwirklicht werden. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

Ehrlicherweise freue ich mich sehr über diese Herausforderung. Als ich Julian zum ersten Mal traf, haben mich seine ehrgeizigen Pläne erstaunt. Auch ich bin fest davon überzeugt, dass wir mithilfe von Technologie das Versicherungswesen vollständig weiterentwickeln können. Als Versicherungsunternehmen tragen wir jedoch eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung. Als CIO ist es meine Aufgabe, wefox in der menschlichen und regulatorischen Komponente voranzubringen. Das ist auch meine Leidenschaft.

Welche Vorteile bieten ihre neuen flexiblen Bundle-Policen für Sachversicherungen? 

Unsere modularen Policen haben die schnellste Abschlussstrecke am Markt. Innerhalb weniger Minuten halten wefox Kund*innen ihre maßgeschneiderten Policen in der Hand. Unsere Berater können schnell auf Kundenwünsche reagieren und Anpassungen vornehmen. Unsere Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass von den hochgradigen Automatisierungsprozessen unsere Berater enorm im Kundenmanagement profitieren. Das registrieren auch unsere KundInnen und bleiben uns dementsprechende lange treu.

Ab wann genau wird diese angeboten? Auf Ihrer Webseite ist noch nichts zu finden.

Das Angebot war Anfang April als Beta verfügbar und wurde von uns auf Herz und Nieren geprüft. Seit Juni sind wir vollständig live und bieten das Produkt auf unserem Beraterportal an, auf die unsere Partner und Broker Zugriff haben. Aktuell überarbeiten wir noch unsere Website, die öffentlichen Informationen folgen in Kürze. 

Die Abwicklung der modularen Policen soll von A-Z in Echtzeit ablaufen. Wie funktioniert das?

Wir setzen vollständig auf «Dark Processing», also die Dunkelverarbeitung. Sie beschreibt alle automatisierten Prozesse im Hintergrund, die ohne menschliches Zutun vonstattengehen. Durch unsere hauseigene künstliche Intelligenz hat wefox eine der höchsten Dunkelverarbeitungsquoten weltweit. Damit garantieren wir auch im Grunde unsere schnellen Abschlussstrecken und äusserst zügigen Schadensbearbeitungen beziehungsweise Auszahlungen, oder die Optimierung von Produkten und Policen.  

Wefox plant auch die Einführung weiterer modularer Produkte. Können Sie mehr darüber erzählen?

Wir arbeiten aktuell mit Hochdruck an der Einführung neuer Produkte. Innerhalb der nächsten sechs Monate sollte es so weit sein. Bis dahin möchte ich mich dann doch noch bedeckt halten und für etwas Spannung sorgen. 

Sie versprechen, dass in naher Zukunft mit nur einer einzelnen Police alle Eventualitäten im Leben Ihrer Kund*innen abgesichert werden können. Wie soll das funktionieren?

Durch unsere KI wird es möglich sein, alle Kundendaten anonymisiert auszuwerten und Risikoprofile basierend auf ihre vollständigen Lebensumstände zu erstellen. Damit wird es möglich sein, unseren Kund*innen in Echtzeit ein massgeschneidertes Produkt zu offerieren, das alle Eventualitäten abdeckt, aber zeitgleich volle Flexibilität bietet. 
 
Wenn sie Ski fahren möchten, analysiert unser System das Wetter, die Reise ins Ski-Gebiet und die Dauer ihres Aufenthaltes. Daraufhin wird automatisiert ein Produkt offeriert. Kund*innen können selbst entscheiden, ob sie das Zusatzmodul in ihre Police mitaufnehmen möchten oder nicht. Das Gleiche zählt bei Reisen ins Ausland oder dem Aufenthalt in Gebieten mit hoher Kriminalitätsdichte, drohendem Unwetter oder anderen Gegebenheiten. 

An welchen Zeithorizont denken Sie dabei?

In wenigen Jahren sollte es so weit sein. Unsere Innovationsabteilung für künstliche Intelligenz in Paris wie auch unseres Tech-Hubs in Barcelona und Mailand arbeiten mit Hochdruck daran.

Wefox ist Vorreiterin in Sachen Digitalisierung. Mithilfe von künstlicher Intelligenz will der Versicherer dazu beitragen, dass bestimmte Schäden erst gar nicht entstehen. Wie soll das funktionieren?

Wefox wird ihren Kund*innen in Echtzeit auf Risiken und drohende Gefahr aufmerksam machen und damit die Rolle des klassischen Versicherungsunternehmens auf den Kopf stellen. Der Versicherer ergänzt damit seine Funktion in der Risikoabsicherung um eine allumfassende Instanz in der persönlichen Risikovorhersage und Schadenverhütung beziehungsweise Schutz vor Gefahren.
  
Bis 2030 wird fast jeder Europäer mit mindestens 15 Geräten vernetzt sein. Besonders durch das «Internet der Dinge» also IoT-Geräten wird die Datenmenge über die täglichen Lebensumstände der Menschen exponentiell ansteigen. Wir setzen dabei voll auf die Datenhoheit der Kund*innen und bitten um eine anonymisierte Freigabe der Informationen. Über ein persönliches Datawallet können Kund*innen selbst entscheiden, welche Informationen sie teilen möchten und welche nicht. 
 
Für Versicherungsunternehmen ist dies eine einmalige Gelegenheit, über eine KI anonymisiert Daten zu sammeln, zu synthetisieren und bestimmte Ereignisse vorauszusagen. In der Vergangenheit wurden beispielsweise Niederschlagsdaten und Unfallstatistiken der letzten Jahre ausgewertet. In naher Zukunft können wir in Echtzeit Risikovorhersagen treffen, die Daten aus sämtlichen Quellen, selbst von sozialen Medien wie Twitter einbeziehen. 

CEO Julian Teicke will künftig einer der Grössten im Versicherungsgewerbe weltweit werden. Wann eröffnen Sie erste Standbeine in den USA und weiteren Ländern jenseits von Europa?

Wir evaluieren für uns fortlaufend potenzielle Markteintritte in die USA und auch in Asien. Die beiden Märkte haben viel Potenzial und die Menschen haben eine hohe Affinität für Technologie. Aktuell haben wir allerdings stärker Europa im Fokus, um unsere Position zu festigen und weiter zu expandieren. Zu Beginn des Jahres sind wir in Italien gestartet und planen den baldigen Markteintritt in die Niederlande. 

Eine hohe zweistellige Zahl an Mitarbeitenden des Start-ups hat ukrainische oder russische Wurzeln. Wie geht es ihnen?

Vor drei Jahren hatten wir noch etwas über 500 Mitarbeitende. Heute ist wefox auf über 1300 Mitarbeitende gewachsen. Im Laufe der Jahre haben wir mit unserer HR-Abteilung eine Vielzahl von Programmen entwickelt, die unsere Mitarbeitenden beruflich, privat und besonders auch in ihrer Gesundheit unterstützen sollen. Betroffene Mitarbeitende haben Zugang zu Beratungsdiensten und auch Coaches, um sich sofortige Unterstützung zu holen. Dennoch herrscht ein äussert enger und persönlicher Kontakt zwischen der Unternehmensführung und betroffenen Mitarbeitenden. 

Wie sieht es mit einem Börsengang aus?

Wir haben ein äusserst robustes Geschäftsmodell und stehen auf zwei stabilen Beinen. Wir sind auf bestem Weg unseren Umsatz von 300 Millionen Euro im Jahr 2021 auf über 600 Millionen in diesem Jahr erneut zu verdoppeln. Ein potenzieller Börsengang ist nur einer von vielen Optionen, die uns glücklicherweise zur Verfügung stehen. Aktuell sind die Märkte ja alles andere als freundlich. 

Wefox plant die Einführung von fünfzig neuen Produkten in verschiedenen Ländern. Wie soll dies umgesetzt werden?

Wir haben unsere Produktfabrik gestartet, die von einem der klügsten Köpfe der Branche geleitet wird. Die Einheit ist ein zentrales Element in unserer Produktentwicklung und macht Versicherungen erstmals international skalierbar. Sämtliche Prozesse im Design, Produkt und der systemischen Eingliederung, sind automatisiert, modular und durch IT-Prozesse gestützt. So können wir kurzfristig nach Marktbedürfnissen Produkte entwickeln und sie mit wenigen Klicks für unterschiedliche Ländermärkte anpassen beziehungsweise unseren Vertrieb und ihren Partnern zugänglich machen. 

Können Sie einige Produkte nennen?

Autoversicherungen sind hier ein klares Beispiel, aber auch Embedded-Versicherungen.

Peter Huber ist ein erfahrener unternehmerischer Leader mit über zwanzig Jahren Erfahrung im Versicherungswesen in Europa, Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika. Bei wefox ist Peter Huber für das Versicherungsgeschäft, einschliesslich der firmeneigenen Versicherungsträger, verantwortlich. Außerdem kümmert er sich um die Versicherungsstrategie und -innovation des Unternehmens, einschliesslich der Partnerunternehmen. Bevor er zu wefox kam, war er CEO der International Division von Zurich. Peter Huber hat viele Jahre in Asien bei Zurich und Allianz verbracht. Davor war er in verschiedenen Funktionen für Swiss Life tätig. Er hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften an der Universität St. Gallen, einen Master in Finance an der London Business School sowie einen AMP an der Harvard Business School.

Die Fragen hat Binci Heeb gestellt.

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