Smile bietet Gratisversicherung an: doch ist sie wirklich umsonst?

1. Oktober 2021 | Aktuell
©Smile

Das Insuretech Smile sieht die Zukunft der Versicherungen «ohne Umwege, verstaubte Prozesse und ohne unverständliches Versicherungsblabla». Seit Kurzem bietet das Unternehmen mit smile.shopping eine Gratisversicherung gegen Diebstähle für Schäden bei der Lieferung von Paketen an.

Bei der Firmengründung 1994 war Smile noch ein reiner Telefonverkäufer. Dies änderte sich 1999 mit der Digitalisierung. Seit 2014 und der Übernahme der Nationale Suisse durch Helvetia gehört Smile nun zu dieser renommierten, 160 Jahre alten Gruppe.  Mit 140’000 Kunden ist Smile nach eigenen Angaben die Nummer Eins der Direktversicherer der Schweiz. Als solcher ist sie auf den Online-Vertrieb spezialisiert und beschäftigt im Aussendienst weder Verkäufer*innen noch Berater*innen.

«Gratisversicherung» gegen Diebstahl und Schaden bei Lieferung von Paketen

Wer die Gratisversicherung abschliessen möchte, muss zunächst die Smile-App herunterladen. Um von den Angeboten zu profitieren, ist eine Smile-Kundschaft jedoch keine Voraussetzung. Wird man in der App smile.shopping akzeptiert, hat man als Kunde*in den gratis Online-Kaufschutz bereits aktiviert. Die Versicherung schützt damit vor Diebstahl sowie vor Nicht-Erhalt und Beschädigung von Postpaketen mit einer Kostenübernahme bis zu 300 Franken. Zum Schutz der Online-Einkäufe wird einmal jährlich die Rücksendung und/oder der Kaufpreis bezahlt. Dies gilt auch für Einkäufe im Ausland, zumindest innerhalb Europas.

Persönliche Daten für eine kostenlose Versicherung

Die Schadenmeldung erfolgt in der App. Im Schadenfall kann in der Smile-App unter «Gratis» die smile.shopping-Versicherung angeklickt und unter «Schaden melden» der Verlust oder die Beschädigung gemeldet werden. Mit der erwähnten  Aktivierung der Gratis-Versicherung tritt der Online-Kaufschutz bereits am Folgetag in Kraft, selbst für Nichtkunden. Doch hier ist der Haken: Um die Funktion zu aktivieren, müssen VornameGeburtsdatumHandynummer und E-Mail angegeben werden.

Gemäss den allgemeinen Versicherungsbedingungen stellt der Kunde mit dem Beitritt zum Kollektivversicherungsvertrag Smile diese Daten zur Verfügung. Er erklärt sich damit einverstanden, dass sie von Smile zu eigenen Marketingzwecken, insbesondere dem Versand von Newslettern sowie für Werbung für Produkte von Smile oder Kooperationspartnern auf verschiedenen Kanälen, verwendet werden dürfen. Lediglich das Einverständnis zur Verwendung der Daten als Datenprämie darf jederzeit widerrufen werden. 

Versicherer lockt zum Geld sparen

Dies ist nicht das erste Mal, dass Smile versucht, seinen Kunden angebliche Gratisangebote anzubieten. Bereits mit dem «Drive Coach», der den persönlichen Fahrstil misst und optimieren soll, kann durch eine Gratis-Option gespart werden. Dafür will Smile den jeweiligen Standort wissen. Nach jeder Fahrt bietet die App Tipps und Tricks, wie der oder die Automobilist*in sicherer fahren könnte. Dazu werden Beschleunigung, Geschwindigkeit, Bremsverhalten und Ablenkung ausgewertet und das Fahrverhalten in Scores zwischen 1 – 100 bewertet. Zur Analyse wird die Bewegung & Fitness-Funktion im Smartphone verwendet.

Smile wiederum erhält so ein sehr detailliertes Nutzungsprofil, was natürlich bei der Bemessung der Jahresprämien für die einzelnen Versicherten durchaus eine grosse Bedeutung spielen könnte. Das muss nicht schlecht sein, verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmer dürften auf diese Weise mit günstigeren Policen als verantwortungslose Rowdies rechnen. Ein zugehöriges Zückerli: Für vorbildliches Verhalten auf der Strasse gibt es wöchentliche Rewards-Punkte. Mit der Funktion «Freunde einladen» erhalten die eingeladenen Freunde genauso wie man selbst bei Abschluss eines Smile-Vertrags je 3 400 Punkte im Wert von je 40 Franken, die gegen Bargeld eingetauscht werden können.

Doch was sind die wahren Kosten dieser angeblichen Gratis-Angebote? Als Kund*in berappt man die Smile-Produkte nicht in harter Währung, sondern mit den eigenen persönlichen Daten. 

Ob sich Orwell im Grabe dreht?

Die eigene Privatsphäre eines Menschen wird im 21. Jahrhunderts wird immer transparenter, doch vollständig durchsichtig ist sie noch nicht. Das Rad der digitalen Zeit kann nicht mehr zurückgedreht werden. Diese Entwicklung birgt Gefahren, zumindest vorläufig überwiegen die Vorteile  jedoch deutlich. Alle scheinen zu profitieren, die allermeisten von uns sind sind längst Teil des Netzes.

Ob man aber deshalb vorsätzlich vom vernünftigen Nutzer zum Daten-Exhibitionisten mutieren möchte, bleibt wohl noch für eine kurze Zeit dem aufmerksamen Teil unserer Gesellschaft überlassen. Einfach ist das nicht, zumindest vorläufig. 

Binci Heeb


Tags: #Daten-Exhibitionisten #Gratisversicherung #Persönliche Daten #Smile