Homeoffice, wie weiter?

17. September 2021 | Aktuell

Ernstzunehmende Studien zeigen in seltener Einigkeit, dass Homeoffice sich zwar positiv auf die Produktivität, Zufriedenheit und Work-Life-Balance auswirkt, aber auch Risiken birgt – insbesondere im Hinblick auf die Teamentwicklung und Vereinsamung der Mitarbeitenden. Am Beispiel von SWICA zeigt thebroker, wie der Versicherer mit Kursen und Referaten dem Thema betriebliches Gesundheitsmanagement umgeht.

Laut Wirtschaftsprüfer Deloitte hat sich der Anteil der Schweizer Beschäftigten, die von zu Hause arbeiten seit der Corona-Krise von 25 auf 50 Prozent verdoppelt. Für eine überwältigende Mehrzahl der Befragten im Homeoffice hat die Arbeitsproduktivität dadurch nicht abgenommen. Da die Mitarbeitenden trotzdem ausreichend unterstützt werden müssen, berät der Krankenversicherer SWICA seit Mitte 2020 in verschiedenen Webinaren, Workshops und Referaten rund um die Gesundheitskompetenz der Arbeitnehmenden mit einem Büro zu Hause.

Homeoffice: Verlust der sozialen Teamkontakte?

Eine aktuelle  Untersuchung des Gottlieb Duttweiler-Instituts zusammen mit dem Tages Anzeiger hat gezeigt, dass sich über 70 Prozent der 30-50-jährigen Arbeitnehmenden nach der Pandemie mehr Homeoffice wünschen, über 60 Prozent der jüngeren und älteren Mitglieder der Belegschaft äusserten diesen Wunsch. Die SWICA ist der Meinung, dass Homeoffice in Zukunft ein fester Bestandteil eines modernen Unternehmens sein soll. Da neben den Vorteilen jedoch gewisse Risiken bleiben, insbesondere im Hinblick auf die Teamentwicklung und Vereinsamung der Mitarbeitenden ist ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement BGM von grosser Wichtigkeit.

Obwohl die Schulungen der SWICA vorwiegend den Unternehmenskunden des Versicherers angeboten werden, können auch nicht beim Versicherer assekurierte Firmen das Angebot nutzen. Die Kosten variieren je nach Produkt und Dienstleistung. «Gemäss Gesundheitsförderung Schweiz lohnt sich die Investition in ein umfassendes BGM, denn pro investiertem Franken werden langfristig drei Franken eingespart», sagt Daniel Angst, Abteilungsleiter Präventionsmanagement bei SWICA.  

Das «i» des Columbus: Kombination von Homeoffice und Teilpräsenz im Büro?

Um den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden nachzukommen sei eine Kombination von Homeoffice und Arbeit im Büro – je zwei bis drei Tage – am sinnvollsten, wie eine Befragung der Mitarbeitenden bei Novartis gezeigt hat.  Damit liessen sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steigern und der Arbeitsweg reduzieren. Es zeigt sich, dass lange Arbeitswege den Pendlern häufiger Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen sowie Magen-Darm-Probleme bereiten. Die Fehltage wegen Depressionen und anderen psychischen Leiden liegen ebenfalls höher als bei Nichtpendlern.

Aus diesen Gründen liegt der Schwerpunkt der SWICA im Bereich der Wissensvermittlung und Stärkung im Zusammenhang mit der Gesundheit. Themen wie Organisationsabläufe, Arbeitszeiten, Arbeitsplatzgestaltung, Datenschutz, usw. werden angeboten. Die Schulungen finden als Workshops oder Referate statt und dauern von 60 Minuten bis zu einem Tag.

Homeoffice verbessert die Work-Life-Balance

Durch das Homeoffice sparen Unternehmen Kosten für Büroflächen sowie allgemeine Infrastruktur. Ein Mix von zwei bis drei Tagen Heimarbeit mit der Anwesenheit im Büro federt Risiken wie Vereinsamung und mangelnden sozialen Austausch ab. Laut einer Umfrage allerdings aus 2020 von gfs.bern für die Gewerkschaft Syndicom profitiert vor allem die Work-Life-Balance von Homeoffice. Fast 80 Prozent der Befragten sagten, dass sie die Zeit, die sie ohne Arbeitsweg sparen, privat sinnvoll nutzen können. Viele seien zudem der Auffassung, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben dank Homeoffice gesteigert würde.

Offene Fragen

Die grössten Risiken von Homeoffice bestehen laut SWICA in den Mängeln bei der Führung auf Distanz, einer Anhäufung von Überzeit und der Vereinsamung von Mitarbeitenden. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Arbeitszufriedenheit und Produktivität im Homeoffice nach ungefähr zweieinhalb Tagen den Höhepunkt erreichen. Interessanterweise sinken die Zufriedenheit und Produktivität nach drei Tagen.

Zudem müssen Führungskräfte lernen auf Distanz zu führen, denn ständige Kontrolle, permanente Erreichbarkeit und fehlendes Vertrauen wirken als Stressoren und belasten die Mitarbeitenden. Die fehlende ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes ist ein weiteres, wenn auch lösbares Risiko. Daneben bedarf es klarer Regeln betreffend Arbeitszeit, Pausen und Erreichbarkeit, da Arbeitnehmende im Homeoffice oft auch in ihrer Freizeit erreichbar sind und E-Mails schreiben oder Pausen nicht wahrnehmen.

Während einige Programme der SWICA darauf abzielen, den Unternehmungen und deren Führungskräften aufzuzeigen, wie man auch über Distanz ein guter Vorgesetzter sein kann, profitieren die Mitarbeitenden von Themen wie zum Beispiel digital Detox, wo die Bedeutsamkeit eines achtsamen Umgangs und Sicherheitsproblemen digitaler Medien, gerade i Homeoffice, gelernt werden kann.

Das Homeoffice umfasst nur einen Aspekt in der komplexen Welt der Gesundheit. Im Bereich der Stressprävention oder der Resilienz und bei Themen des Lifestyles wie Ernährung, Bewegung oder Schlaf bildet die Psyche das Herzstück. «Den Schwerpunkt bilden eine ausgeglichene Psyche und Strategien für einen resilienteren Umgang in der heutigen Zeit» beschreibt es Daniel Angst. Somit darf das Thema Homeoffice nur als ein – allerdings wichtiges – Puzzlestück im gesamten betrieblichen Gesundheitsmanagement-Universums angesehen werden.

Binci Heeb


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