Chubb Kunstversicherung: Was ein Kunstversicherer wissen muss

24. März 2023 | Aktuell Allgemein Interviews
Chubb Assurance d'oeuvres d'art. Thomas Steinruck,Regional Fine Art and Specie Manager.
Chubb Kunstversicherung, Thomas Steinruck, Regional Fine Art and Specie Manager.

thebroker im Interview mit Dr. Thomas Steinruck, Regional Fine Art & Specie Manager Chubb Versicherungen (Schweiz) AG.

Chubb ist der grösste börsennotierte P&C-Versicherer der Welt, wie sieht es im Bereich Kunstversicherung aus?

Chubb ist einer der grössten High-Networth (HNW) Versicherer weltweit. Das Markenprodukt MasterpieceTM ist ein Multiline Produkt und beinhaltet neben der reinen Kunst- und Wertsachenversicherung auch Property-Produktanteile wie Hausrat und Gebäude-Deckungen sowie Haftpflicht-, Reise- oder private Cyberdeckungen. In der Sparte Kunst- und Wertsachenversicherung ist Chubb global betrachtet auch ein wichtiger Anbieter.

Seit wann gibt es die Chubb Kunstversicherung auch in der Schweiz?

Ich bin im Sommer 2019 bei Chubb mit der Aufgabe gestartet, Kunst- und Wertsachenversicherungen (Fine Art & Specie) in der Schweiz, Deutschland und Österreich zu etablieren. Es sind nun bald vier Jahre, dass wir diese Versicherungssparten in der Schweiz anbieten.

Sie dürfen im Zuge Ihrer Arbeit grosse Kunstsammlungen besuchen. Bleiben Sie dazu vorwiegend in der Schweiz?


Es stimmt, Kunstsammlungen zu besuchen ist ein wichtiger Teil des Underwriting Prozesses und auch meine Aufgabe. Es ist immer spannend die Sammler persönlich zu besuchen, das Ergebnis ihrer Sammelleidenschaft sehen zu dürfen ist ein schöner Nebeneffekt. Ich darf Kunstsammlungen in den Ländern und Regionen besuchen, die mein Zuständigkeitsbereich umfasst. Aktuell sind dies die Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, aber auch Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, die Türkei sowie Länder der MENA Region.

Versichern Sie weltweit?

Wir können in allen Ländern, in denen wir lizensiert sind, Versicherungsschutz anbieten. Die Deckung für Kunst und Wertsachen gilt grundsätzlich an definierten Standorten, aber auch an unbenannten Orten nahezu weltweit.

Was wird versichert?

Kunst- und Sammlungsobjekte beinahe aller Gattungen sowie Kulturgüter, Musikinstrumente, rare Designobjekte, auch privaten Schmuck, Uhren sowie andere Wertsachen wie Edelsteine und Edelmetalle.

Bis welche Höhe können Sie Kunstwerke versichern?

Chubb kann dem Markt eine Versicherungs-Kapazität von bis zu 200 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung stellen, dabei spielt es keine Rolle, ob dies ein einzelnes Werk oder eine Sammlung betrifft.

Was geschieht bei einer Wertsteigerung eines Objekts?

Wichtig zu verstehen ist der Unterschied zwischen Preis und Wert eines Kunstwerks. Ein Objekt kann einen sehr hohen Wert haben, beispielsweise einen emotionalen oder kulturgeschichtlichen, das bedeutet, aber nicht gleichzeitig auch, dass dieses Objekt einen (hohen) Preis hat. Der Preis wird auf dem Markt generiert und hängt von sehr unterschiedlichen Faktoren ab wie zum Beispiel dem Erhaltungszustand, der Provenienz, dem Vorhandensein einer Signatur, aber auch der Rarheit und ob das Objekt marktfrisch ist. Zu diesen Faktoren kommt allgemein der Umstand, dass der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Das ist vielleicht eine etwas umständliche Einführung, um auf die eigentliche Frage zu antworten: Verändert sich der Preis für ein Kunstwerk, dann können wir dies in der Versicherungspolice reflektieren, immer natürlich durch die direkte Anpassung der Versicherungssumme für dieses Objekt, aber auch beispielsweise durch eine sogenannte Vorsorgeversicherung, die die Preissteigerung, wenn sie eingetreten ist, bis zu einem prozentual definierten Betrag automatisch ausgleicht.

Wie sieht es bei einer Wertminderung aus, zum Beispiel bei einer Restaurierung nach Beschädigung?

Dieses Thema könnte Bücher und Symposien füllen, es ist ein sehr schwieriges, zu dem sich selbst Sachverständige nicht vollständig einig sind. Die Kunstversicherung ersetzt im Fall einer Beschädigung zunächst einmal die Kosten für eine fachgerechte Restaurierung. Nach der Fertigstellung einer Restaurierung bleibt zu klären, ob der Eigentümer einen Wertverlust erlitten hat, es stellt sich also die Frage, ob nach dem Schaden und nach der Restaurierung eine negative Preisdifferenz zum Nachteil des Eigentümers verbleibt. Dies muss nicht zwangsläufig und in jedem Fall so sein. Ausschlaggebend sind materielle (das beschädigte Werk und der «neue Zustand» nach der Restaurierung), aber auch immaterielle Faktoren (kann das Werk in dem neuen Zustand zum selben Preis verkauft werden, oder gibt es allfällige Vorbehalte des Marktes gegen diesen «neuen Zustand» der zu einer Preisminderung führt). Um es zusammenfassend zu beantworten: Ja, die Kunstversicherung entschädigt auch eine allfällig verbleibende Wertminderung. Diese wird überwiegend durch Expertengutachten (meist dem Restaurator und einem Kunstsachverständigen oder Kunstsachverständigen Claims Adjustor) ermittelt.

Welche Ausschlüsse existieren bei Verlust oder Beschädigung eines Kunstwerks?

Die Kunst- und Wertsachenversicherung ist eine Versicherung bei physischem Verlust und Beschädigung gegen alle Gefahren, die nicht explizit im Versicherungsvertrag ausgeschlossen sind. Es gibt in der Kunstversicherung sehr wenige, aber dafür konkrete Ausschlüsse, darunter fallen zum Beispiel die vorsätzliche Herbeiführung eines Schadens, durch physikalische, chemische oder natürliche Vorgänge bedingte Veränderungen des Werks, Verfall und Verschleiss, bestimmte Delikte durch Unterschlagung durch Dritte, Bearbeitungsschäden, oder politische und Cyber-Risiken.

Was versteht man unter Valorenversicherung oder General Specie?

Es ist eine besondere Art der Wertsachenversicherung. Zu den versicherbaren Valoren gehören unter anderem Bargeld, ungefasste hochwertige, geschliffene oder ungeschliffene Edelsteine, Edelmetalle (unverarbeitet, in Barren oder gemünzt) und Wertpapiere. Versicherungsschutz kann während der gesamten Wertschöpfungskette beispielsweise von Edelmetallen oder Edelsteinen, vom Rohstoffabbau bis zur Veredelung und Verarbeitung, dem Handel, der Lagerung oder des Transports vereinbart werden. Auch hier haben wir bei Chubb Lösungen für unterschiedliche Kundengruppen wie Banken im Bereich von Bargeld oder Betriebe, welche Edelmetalle oder Edelsteine handeln oder verarbeiten.

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Thomas Steinruck, geboren 1977 in Schaffhausen, studierte Europäische Kunstgeschichte, Musikwissenschaften und Rechtswissenschaften in Heidelberg und Mannheim. Nach Stationen im Museumsmarketing und einer Galerie für zeitgenössische Kunst ist er seit 2009 im Versicherungssegment für Kunst tätig. Seit 2019 arbeitet er in einer regionalen Rolle als Manager für Kunst- und Wertsachenversicherungen (Fine Art & Specie) bei der Chubb. Er war zuständig für die Produkteinführung und verantwortet das weitere Wachstum von Kunst-, Wertsachen- und High Net Worth Versicherungslösungen. Thomas Steinruck arbeitet und wohnt in Zürich.


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