Versicherungsbroker: Gibt es für sie noch eine Zukunft?

10. Februar 2023 | Aktuell Allgemein Interviews
Versicherungsbroker: Gibt es für sie noch eine Zukunft? Silvia Canale: Wird es die Broker auch in zehn Jahren noch geben?
Versicherungsbroker: Ob es für sie noch eine Zukunft gibt, sagt Silvia Canale.

Wie die Versicherungsbroker mit den Herausforderungen der Digitalisierung in der traditionellen Dreickecksbeziehung im schweizer Assekuranzmarkt zukünftig umgehen könnten und wie diese Kundenschnittstelle bedient werden könnte, hat Silvia Canale in ihrer Master-Thesis für die Fernfachhochschule Schweiz FFHS herausgearbeitet. Wird es die Broker auch in zehn Jahren noch geben?

thebroker spricht mit Silvia Canale über ihre Ergebnisse.

Bisher wurden Versicherungsbroker nur in ihrer Eigenschaft als Absatzkanal der Versicherer untersucht. Was war die Absicht Ihrer Forschungsarbeit?

Es war mir ein grosses Anliegen, meine Forschungsarbeit aus dem Blickwinkel der Versicherungsbroker zu gestalten. Bestehende Versicherungsstudien zur schweizer Assekuranz bestätigen den bedeutenden Stellenwert der Broker als Absatzkanal der Versicherungsgesellschaften. Zu den Kerntätigkeiten der Broker gehören aber vielfach wesentlich mehr als nur der Verkauf, respektive die Vermittlung von Versicherungsprodukten. Gerade für ein KMU kann eine gute Begleitung durch einen Broker echte Mehrwerte schaffen und als ein erfolgsrelevantes Kriterium betrachtet werden. Die Geschäftsmodelle der Broker sind stark von Megatrends wie Digitalisierung und Individualisierung betroffen. Als eine der grössten Herausforderungen dabei betrachte ich die effiziente Sicherung der Kundenschnittstelle. In meiner Forschungsarbeit habe ich mich damit beschäftigt, wie die Broker den diversen Herausforderungen in den nächsten zehn Jahren begegnen könnten. Als Ergebnis liegen neben einer generellen Auslegeordnung und möglichen Zukunftsbildern auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen für Broker vor. Wichtig zu erwähnen ist, dass sich dieses Forschungsprojekt auf den KMU-Bereich in der Schweiz konzentriert hat und die konsolidierte Einschätzung von 67 namhaften Branchenexperten repräsentiert.

Welches ist der grösste Mehrwert für Kunden, Broker und Versicherer?

Als der grösste Mehrwert für alle drei Parteien in der aktuellen Dreieckskonstellation hat sich eine digitale Interaktionsform herausgestellt, bei welcher sich alle Parteien auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Die Kunden profitieren vom Multichannel-Ansatz und der «Alles-aus-einer-Hand»-Strategie, Broker können sich die Kundenschnittstelle und damit ihre Beratungstätigkeit sichern und die Versicherer erreichen eine Digitalisierung der Endkundenschnittstelle.

Wird es in Zukunft auch noch kleine Brokerfirmen geben?

Diverse Herausforderungen führen zu einer Konsolidierung im Brokermarkt. Insbesondere den technischen Wandel und den damit verbundenen Investitionsbedarf können kleinere Brokerfirmen nicht immer verarbeiten. So denken auch knapp 70 Prozent der befragten Experten, dass es in zehn Jahren kleine Broker nur noch mit Nischen-Spezialisierung geben wird. Diese Broker werden im Zukunftsbild «die Spezialisten» verortet und stehen als Spezialisten und Berater den Kunden durchgehend zur Seite. Die Broker befähigen und unterstützen die Kunden mit Fachwissen und Erfahrung. Die Kunden übernehmen alle Tätigkeiten, wenn möglich, dann selbst. Sie bezahlen die Broker mit Honorar für ihre Dienste und profitieren durch Selbstadministration von Vergünstigungen der Versicherer. Diese sparen Courtage und können deshalb auch die Kunden entsprechend entschädigen.

Wie haben die Versicherungsbroker-Experten die Entwicklung, basierend auf der heutigen Verteilung auf Vertriebs- und Abschlusskosten, in den nächsten zehn Jahren eingeschätzt?

Die befragten Experten lassen sich grob in Tätigkeitsbereiche mit unterschiedlichen Blickwinkeln einteilen. Experten aus dem Berufsstand der Versicherungsbroker selbst, Experten von Versicherungsgesellschaften mit Bezug zum Brokerkanal, sowie weitere Experten, die beispielsweise im Bereich der IT spezialisierte Branchenlösungen erarbeiten oder im Bereich der Beratung oder Bildung tätig sind. Auch wenn die Broker selbst die Entwicklung am positivsten beurteilten, so liegen die Einschätzungen aller Experten nahe beieinander.

Im Allgemeinen zeigt sich die Tendenz, dass der Brokerkanal weiter an Bedeutung gewinnen und fast die Hälfte aller Vertriebs- und Abschlusskosten ausmachen wird. Dagegen wird der eigene Vertrieb der Versicherer abnehmen und künftig ein Viertel betragen. Dies schafft Platz für neue Vertriebswege und Modelle.

Wird der Einfluss von neuen Wettbewerbern und durch digitale Ökosystemen zunehmen?

Der Einfluss von neuen Wettbewerbern und insbesondere von digitalen Ökosystemen wird erheblich zunehmen. Beinahe die Hälfte aller Experten sehen in Online-Anbietern, digitalen Plattformen und Ökosystemen potenzielle Konkurrenten, welche in die traditionelle Dreiecksbeziehung zwischen Versicherern, Brokern und Endkunden eindringen könnten. Ein Drittel nennt als spezifische Beispiele Amazon, Google, Facebook & Apple. Mit Blick in die Zukunft wird der Eintritt von ausländischen Marktkonkurrenten und der Eintritt branchenfremder Akteure als eine stark steigende Herausforderung bewertet. Weitere Auswertungen bestätigen, dass aktuelle Vertriebskanäle durchaus relevant bleiben, digitale Ökosysteme jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.

Zulasten von Versicherern oder Brokern? Weshalb?

Diese Wandlungsprozesse beeinflussen massgeblich die Customer-Journey eines brokermandatierten KMU. Die Untersuchung zeigt, dass nach Einschätzung der Experten, Versicherungsbroker in zehn Jahren an allen Touchpoints Betreuungsanteile verlieren werden, jedoch nicht zu Gunsten der Versicherer. Die grösste Verschiebung findet zur Selbstadministration der Kunden hin statt, vor allem in den Touchpoints Information, Kauf und Auflösung. Die höchsten Betreuungsanteile werden Broker bei den beratungsintensiven Touchpoints Bedürfnis, Evaluation und Anpassungen beibehalten können. Problematisch wird dies in Zusammenhang mit dem heute vorherrschenden Entschädigungsmodell der Courtage. Die betreuungsintensiven sind nicht auch zwingend auch die entschädigungsrelevanten Touchpoints.

Worin liegt der USP der Versicherungsbroker?

Der Unique Selling Point (USP) der Versicherungsbroker liegt in ihrer Unabhängigkeit und Neutralität, sie sind Experten mit umfangreichem Fachwissen und können Ressourcen für die betreuten KMU freisetzen. Durch die Gesamtbetrachtung und das Wissen über Kundensituationen aufgrund meist langjähriger Beziehungen erreichen sie in Kombination mit ihren Marktkenntnissen und ihren Verhandlungsvorteilen optimale Absicherung bei maximalem Preis-Leistungs-Verhältnis. Der angebotene USP wird vor allem bei der Beratung von komplexen Risiken sichtbar.

Welche Art von Beratung präferieren die Kunden. Virtuell oder analog?

Eine virtuelle Beratung von KMU mit gleicher Qualität wie eine analoge Beratung durchzuführen, hält die Hälfte der Experten für möglich, während die andere Hälfte denkt, dass bei komplexen Situationen die analoge Beratung den Kunden mehr Vorteile bieten kann. Virtuelle Beratung wird einen Einfluss auf die Beratungstätigkeiten ausüben, denn Kunden wollen künftig digitale Abschlussmöglichkeiten wahrnehmen können. Die Analyse zeigt jedoch auch, dass in der beratungsintensiven Evaluationsphase auch in zehn Jahren die Hälfte der Interaktionen in persona erfolgen werden.

Ist es möglich, dass Kunden mit den neuen Digitalisierungsmöglichkeiten zu Konkurrenten der Broker werden?

Ja, das halte ich durchaus für möglich. Durch neue Digitalisierungsmöglichkeiten kann eine Auslagerung der Vermittleraufgabe hin zu den Kunden stattfinden. Die Betrachtung der Expertengruppen zeigt, dass die Versicherungsbroker diesen Trend im Vergleich zu den anderen Experten deutlich unterschätzen. 55 Prozent der Experten denken, dass Kunden mit hoher Wahrscheinlichkeit beispielsweise mit einer Prämienreduktion für die Übernahme dieser Tätigkeiten entschädigt werden. In der Expertengruppe der Broker denken dies lediglich 37 Prozent.

Broker sollten sich nicht nur auf ihre funktionierende Bindung zu ihren Kunden verlassen, sondern eine konsequente Kundenausrichtung verfolgen, indem sie ihnen einen Multichannel-Ansatz ermöglichen und damit jederzeit barrierefrei die Wahlmöglichkeit überlassen, beispielsweise durch ein flexibles Kundenportal mit Selbstadministrationsoptionen und entsprechenden Anreizen.

Welche Tätigkeiten werden die Kunden in Zukunft übernehmen?

Die Customer-Journey-Analyse zeigt, dass die Kunden die Tätigkeiten an vielen Touchpoints selbst übernehmen könnten. Dabei fällt auf, dass Broker vor allem an für das aktuelle Entschädigungssystem wirksamen Touchpoints wie Kauf, Anpassung und Auflösung von Aktivitäten verlieren, im Schnitt in den nächsten zehn Jahren zwischen 15 Prozent und 21 Prozent, verlieren.

Haben Telefon, Brief und persönlicher Kontakt künftig ausgedient?

Digitale Kommunikationsmedien wie Online-Chat und PC/Laptop werden klar zunehmen, während klassische Medien wie Brief und Telefon zunehmend verschwinden werden. Auch der persönliche Kontakt wird sich deutlich an allen Touchpoints reduzieren, aber trotzdem auch in zehn Jahren noch eine wichtige Rolle spielen, vor allem bei Beratungen rund um Bedürfnis und Evaluation.

Die grössten Herausforderungen der Broker liegen in der Digitalisierung. Welche Trends sehen die Broker-Experten?

Häufig bedingen die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung auch Anpassungen am Geschäftsmodell. Der grösste Punkt sind Investitionen in Technologie/IT und das Erarbeiten von digitalen Prozessen. Dabei liegt die grösste Herausforderung darin, nicht nur eine Kostenreduktion bei standardisierten Tätigkeiten zu erreichen, sondern weiterhin effizient individuelle Kundenlösungen und ein massgeschneidertes Riskmanagement anbieten zu können. Das bedingt auch eine strategische Ausrichtung, Innovationsbereitschaft und Flexibilität.

Können oder sollen Versicherungsbroker gewisse Arbeiten outsourcen?

Die Geschäftsmodell-Analyse zeigt auf, dass die Kernkompetenzen der Versicherungsbroker besonders im KMU-Bereich den Kunden den grössten Mehrwert generieren kann. Deshalb sollten sich Broker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können und die unterstützenden Prozesse effizient gestalten. Dafür sind insbesondere digitale Prozesse und Schnittstellen zu den Versicherern erforderlich. Aber auch den Kunden sollte auf neuen, digitalen Wegen begegnet werden können. Dafür brauchen sie einerseits Fachwissen, Erfahrung und Innovationsfähigkeit, aber auch digitale Möglichkeiten, um beispielsweise ein Kundenportal anzubieten und Kunden entsprechend einzubinden. Dies erfordert erhebliche Investitionen in IT, was für einen Teil der Broker nicht ohne Umstände umzusetzen ist. Zur Sicherung der benötigen Mittel können Broker über gemeinsame Projekte oder auch über das Outsourcing von mehreren Prozessen nachdenken.

Glauben jüngere Broker weiter an das traditionelle Geschäftsmodell?

Die jüngere Generation glaubt weniger an das traditionelle Geschäftsmodell und sieht neue digitale Vertriebswege stärker zunehmen als Experten aus den höheren Altersgruppen. Aber auch die jüngeren Experten glauben daran, dass schweizer KMU in Zukunft von Brokern betreut werden möchten.

Wodurch zeichnen sich die Versicherungsbroker der Zukunft aus?

Der Markt, der Versicherungen aktiv verkauft, ist zu einem Markt, in welchem Kunden aktiv Versicherungen nachfragen, geworden. Demzufolge werden keine ausschliesslichen Verkäufer, sondern Berater gesucht. Es zählt nicht mehr der Abschluss, zusätzlich werden die Daten und der direkte Kundenzugang bedeutsam. Unter anderem erkennen Versicherer die Bedeutung, die Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und die Kundenschnittstelle zu besetzen. Diese Tätigkeit wird jedoch aktuell von den Versicherungsbrokern ausgeführt, sie besetzen die Kundenschnittstelle und vermitteln hin zu den Versicherern. Wenn sich Versicherer und neue Anbieter vermehrt auf die Kunden und nicht nur auf den Abschluss von Versicherungen fokussieren, stellt sich die Frage, an welcher Stelle Broker ihre Daseinsberechtigung in diesem Bereich finden. Die massgebliche Entscheidungsmacht in dieser klassischen Dreiecksbeziehung haben schlussendlich die Kunden. Diese werden sich für die Möglichkeit entscheiden, welche ihnen den grössten Mehrwert bieten kann.

Diese Entwicklung hat auf das Zukunftsbild der Broker einen erheblichen Einfluss. Versicherungsbroker müssen sich einerseits vom Versicherer abheben können, anderseits werden ihre Kunden selbst zu Konkurrenten und Broker müssen sich auch von ihnen unterscheiden, respektive einen Mehrwert bieten. Kann ein Abschluss online getätigt werden, stellt sich die Frage, weshalb die Kunden Broker damit beauftragen sollten, wenn sie mit gleichem Aufwand und schnellerer Durchlaufzeit den Abschluss selbst vornehmen können und eventuell von einem zusätzlichen Rabatt profitieren. Haben Kunden hingegen eine komplexe Problemstellung und gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Risiko abzusichern, profitieren Kunden von Brokern mit umfangreichem Experten- und Branchenwissen und Verhandlungsvorteilen.

Die Digitalisierung kann zwar auf absehbare Zeit Fachwissen nicht ersetzen, den Vertrieb hingegen schon, und somit haben Berater mit Spezialwissen Aussichten für die Zukunft. Es ist davon auszugehen, dass Broker, die ausschliesslich als Verkäufer auftreten oder Tätigkeiten im standardisierbaren Geschäft anbieten, mit dem aktuellen Geschäftsmodell in der Zukunft nicht erfolgreich sein werden und vom Markt verschwinden.

Wie können sich Broker vor Playern wie Alibaba und Tesla, etc. schützen?

In der Analyse zeigt sich, dass Versicherungsbroker mit ihren Kernkompetenzen für ihre Zielkundschaft einen einzigartigen Nutzen generieren und ihnen ein attraktives Wertangebot unterbereiten können. Dies spricht für die Zukunftsfähigkeit der Broker, und dafür, dass ihre Zielkundschaft das Angebot auch in Zukunft nachfragen wird. Dies auch dann, wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verändern und neue Konkurrenten auftreten oder sich die Branchengrenzen verschieben.

Es stellt sich dann die Frage, wie sie ihre Leistung, ihren USP und ihr Nutzenversprechen konkurrenzfähig anbieten können. Um die Kosten überschaubar zu halten, müssen Versicherungsbroker auf Skaleneffekte bauen können. Sie müssen die Digitalisierungsvorteile nutzen können, um ihre Prozesse effizient abzuwickeln.

Was sind die Aufgaben der klassischen Broker der Zukunft?

Diese Broker der Zukunft besetzen durchgängig die Schnittstelle zu den Kunden. Neben einer beratenden Funktion übernehmen Broker für ihre Kunden nach Wunsch weitere Tätigkeiten und setzen so Ressourcen bei den Kunden frei, beispielsweise in der Schadenadministration. Die Kunden können über eine Portallösung Tätigkeiten auch selbst übernehmen und von Vergünstigungen profitieren. Die angebotenen Services sind durchgehend hybrid und die Kunden können bei jeder Dienstleistung die für sie in jedem Moment passende Betreuungs- und Interaktionsform wählen. Dies erfordert eine durchgehende Schnittstelle zu den Versicherern und digitale Prozesse mit entsprechender Dunkelverarbeitung. Um die IT-Investitionen leisten zu können, schliessen sich Broker in gemeinsamen Projekten zusammen. Zudem findet ein Pooling von unterstützenden Aktivitäten statt, um die Kosten überschaubar zu halten und eine Konzentration auf Kernkompetenzen zu gewährleisten.

Welche Kundenschnittstellen sind vorstellbar?

Die Analysen haben ergeben, dass eine Zukunftsvision, in welcher sich sowohl Versicherungsbroker als auch Versicherer auf ihre Kernkompetenzen fokussieren, von Synergien profitieren und das bestmögliche Ergebnis für den Endkunden erreichen, zu präferieren ist.

Bei so gestalteten Schnittstellen können die Kunden über ein Brokerportal Selbstadministration vornehmen und vom Multichannel-Ansatz profitieren. Die Kunden können wählen, welche Betreuungs- und Interaktionsart sie möchten und bekommen alle Services aus einer Quelle. Das heisst, sie können in einem Portal ihrer Broker die Versicherungen von allen Gesellschaften verwalten. Broker können für Beratung und Probleme jederzeit zur Stelle und bereits informiert sein und in Echtzeit während der Beratung über Kundeninformationen und Analysen verfügen. Durch den Einbezug der Kunden können sich Broker die Kundenschnittstelle sichern. Über durchgängige Schnittstellen können Versicherer eine Digitalisierung der Endkundenschnittstelle vornehmen und so ebenfalls Zugriff auf alle Daten und Analysemöglichkeiten haben. Auf diese Weise kennen sie ihre Endkunden auch ohne direkten Kontakt. Die Versicherer verfügen über die Daten der Endkundenschnittstelle und können sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren und ihre Angebote aufgrund von Datenanalysemöglichkeiten optimal ausrichten und damit erreichen, dass sie von Brokern und Kunden gewählt werden.

Bereiten sich die Broker strategisch und technisch genügend auf die Zukunft vor?

Die Ergebnisse der empirischen Erhebung zeigen auf, dass viele Versicherungsbroker ihre Position im Marktumfeld im Verhältnis zu den anderen Berufsgruppen positiver beurteilen – einige der befragten Experten warnen davor, dass Broker sich zu wenig auf die Zukunft vorbereiten. Die ältere Generation ist überwiegend vom aktuellen Geschäftsmodell der Broker überzeugt und könnte den Einfluss der Digitalisierung unterschätzen. Broker sollten sich offensiv mit ihrer Zukunft und einer strategischen Ausrichtung auseinandersetzen. Dabei können Broker auf Grundlage von Zukunftsbildern eine präferierte Zukunft erstellen, aus dieser eine Strategieentwicklung ableiten und schlussendlich implementieren.

Broker heben sich durch ihren Expertenstatus ab. Wie lässt sich dieser sichern und ausbauen?

Auf Basis der Forschungsergebnisse lassen sich fünf Handlungsempfehlungen ableiten: «strategische Ausrichtung und aktive Auseinandersetzung mit der Zukunft», «konsequente Kundenausrichtung», «Digitalisierungsmöglichkeiten nutzen und Konzentration auf Kernkompetenzen», «Expertenstatus sichern» und «Dialog mit Versicherern und Softwareanbietern aktiv suchen».

Diese Handlungsempfehlungen bieten einen Ansatz, den Herausforderungen zu begegnen, die sich aus Wandlungsprozessen der Gegenwart und Auswirkungen von aktuellen Trends bezüglich Kundenschnittstellen und Digitalisierungsmöglichkeiten ergeben. Um den Expertenstatus geprägt durch ihre Fachkompetenz, ihre Marktkenntnisse und Spezialisierungen zu sichern und auszubauen, lohnt es sich, in Fachwissen und Ausbildung zu investieren.

Werden Broker auch in den kommenden zehn Jahren relevante Player im schweizer Assekuranzmarkt bleiben?

Die Ergebnisse zeigen, dass Broker auch in den kommenden zehn Jahren relevante Player im schweizer Assekuranzmarkt bleiben werden. Ebenso wird die persönliche Beratung der KMU-Kunden weiterhin im Mittelpunkt stehen. Aber auch die virtuelle Interaktion und digitale Ökosysteme werden bedeutsamer. Für standardisierbare Produkte bieten sich neue digitale Betreuungsformen an, wobei für komplexe Risiken Experten unerlässlich bleiben.

Ihre wissenschaftliche Arbeit an der FFHS geht weiter. Woran arbeiten sie jetzt?

Ja genau, seit September 2022 arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMI (Institut für Management und Innovation) der FFHS Fernfachhochschule Schweiz. Als Forschungsinstitut einer Fachhochschule ist uns anwendungsorientierte Forschung mit konkretem Output für Praxispartner ein Anliegen. So bekomme ich nun auch die Möglichkeit, Themenfelder aus der Forschungsperspektive zu untersuchen, in welchen ich jahrelang Praxiserfahrung sammeln konnte. Forschungsschwerpunkt wird für mich unteranderem der Broking-Bereich sein. Aus meiner Sicht werden Diskussionen im Bereich «Broking» häufig mit einem starken Kostenfokus geführt, dabei werden die von unabhängigen Brokern generierten Nutzen und der draus resultierte Mehrwert meiner Meinung nach zu wenig berücksichtigt. Besonders interessant finde ich den Aspekt, welchen Mehrwert Versicherungsbroker im Rahmen ihrer Dienstleistungen in Form von Riskmanagement leisten und welche Bedeutung diese Dienstleistung für KMU und ihre in diesem Bereich begrenzten Ressourcen und Knowhow hat.

Über die Person

Silvia Canale, MSc Business Administration in Innovation Management, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMI (Institut für Management und Innovation) an der FFHS Fernfachhochschule Schweiz und Dozentin mit Schwerpunkt Sozialversicherungen. Bachelor of Arts mit Vertiefung Betriebliches Gesundheitsmanagement. Versicherungsfachausweis mit Vertiefung Unfallversicherung, Krankenversicherung und Versicherungsmedizin.

Silvia Canale verfügt über mehrjährige Erfahrung in der Finanzwirtschaft mit Schwerpunkt Personen- und Sozialversicherungen. Bei einem national tätigen Versicherungsbroker war sie langjährig als Senior Fachspezialistin für Personenversicherungen tätig. Im strategischen Management für Vertriebsentwicklung des Unternehmensgeschäftes bei einer Versicherungsgesellschaft mit Fokus auf Ausgestaltung des Brokerkanal und Digitalisierungsmöglichkeiten aktiv.

Privat lebt Silvia Canale mit ihrer Familie in Winterthur und ist Mutter einer sechsjährigen Tochter.

FFHS Fernfachhochschule Schweiz

Mit über 25 Jahren Erfahrung im Distance Learning die führende E-Hochschule der Schweiz und eine Alternative für Studierende, die Berufstätigkeit, Familie und Studium kombinieren möchten.

Institut für Management and Innovation (IMI)

Das Institut für Management und Innovation (IMI) betreibt anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung, angewandte Grundlagenforschung sowie Beratung im Bereich Management und Innovation.

Lesen Sie auch: Versicherungswirtschaft: Ausblick ins Jahr 2030


Tags: #Assekuranzmarkt #Broker #Brokerkanal #Brokermarkt #Digitalisierung #Multichannel-Ansatz #Ökosystem #Online-Chat #Silvia Canale #Versicherungsbroker #Zukunft